Kategorie-Archiv »Kurze Geschichten«

Kurzes #23 – Ein Samstagnachmittag

Eine weitere Kurzgeschichte zum Thema »Fetischismus«.

 

Marius fuhr den Rechner hinunter. Er hatte doch länger gearbeitet, als er vorgehabt hatte, war aber fertig geworden. Er stand auf und streckte die vom langen Sitzen steifen Glieder. Er trat auf den Balkon hinaus. Es war ein schöner Spätsommertag. Stimmengemurmel drang von den Nachbarbalkonen zu ihm. Er atmete tief durch und ging wieder ins Wohnzimmer zurück. Er wollte nach Maren sehen. Sie hatte sich vor zwei Stunden ins Schlafzimmer zurückgezogen, um zu lesen.

Er blieb im Türrahmen des Schlafzimmers stehen. Maren lag quer auf dem Bett, ihm den Rücken zugewandt. Sie hatte den Kopf auf den linken Arm aufgestützt, das linke Beine ausgestreckt und das rechte angewinkelt, mit den Fingern der Rechten hielt sie das vor ihr liegende Buch auf der Matratze fest. Sie war derart in ihre Lektüre vertieft, daß sie ihn nicht zu bemerken schien. Er nutzte die Gelegenheit, um sie zu betrachten und lehnte sich mit der Schulter an den Türrahmen.

Sie blätterte eine weitere Seite um und rieb dabei mit dem rechten Bein leicht am linken. Er glaubte zu hören, wie der Stoff ihrer zarten hautfarbenen Strümpfe leise knisterte.

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Kurzes #22 – Begegnung im Café

Die zweite Kurzgeschichte zum Thema Fetischismus.

 

Wohl oder übel würde Tillmann das letzte Stück Weg laufen müssen, wollte er nicht bis auf die Haut durchnäßt werden. Im allgemeinen mochte er den Frühlingsregen, aber nicht unbedingt, wenn er sich mittendrin und ohne Schirm befand. Diese praktische Erfindung lag wieder einmal dort, wo sie in einer solchen Situation nicht liegen sollte: bei ihm zu Hause in der Diele auf dem Schuhschrank. So konnte er ihn unterwegs zwar nirgendwo liegen lassen, doch dafür war ihm jetzt eine kostenlose Dusche sicher.

Natürlich war der Himmel bereits mit dichten grauen Wolken tief verhangen gewesen als er das Haus verlassen hatte. Zeichen genug zu überprüfen, ob man denn nun das tragbare Regendach mitgenommen hatte und wenn nicht, noch einmal bequem umkehren konnte, um es zu holen. Doch wie dem meist so ist; man vertraut naiv auf sein mehr als zweifelhaftes Glück und fordert mit dieser Gleichgültigkeit der Macht der Elemente gegenüber, diese geradezu heraus, einem zum ungezählten Male zu beweisen, daß ihre eindeutigen Vorankündigungen stets ernst zu nehmen sind.

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Kurzes #20 – Autor–Verleger

Der folgende Text ist eine Passage aus dem noch mitten im Entstehen befindlichen Roman »Eine Lesereise«. Der Protagonist Kai stellt die Beziehung Verleger–Autor etwas deutlich dar.

»Weißt du schon, was du aus deinem Werk vorträgst?« wechselte Kais Verleger das Thema.
»Ich dachte einen Querschnitt aus meinem gesamten Schaffen«, meinte Kai von einem leichten Grinsen begleitet, das seinem Verleger leicht erschrocken aufhorchen ließ.
Kai lachte in sich hinein, wie leicht war es doch, seinen Verleger aus seiner scheinbar unerschütterlichen Ruhe zu bringen. (mehr …)

Kurzes #19 – Eva muß nachdenken

Der folgende Text stellt einen kurzen Auszug aus dem noch mitten im Entstehen befindlichen Kriminalroman »Ein (fast) alltäglicher Fall«. In einer Siedlung, die abgebrochen werden soll um Neubauten Platz zu machen, wird die Leiche einer Frau gefunden, die nackt auf einem alten Bettgestellt gefesselt liegt. Wer hat sie gefesselt und mit einem Seidenschal gewürgt? Es wird in alle Richtungen ermittelt. Die Kommissarin Eva Gerbroth begibt sich im Rahmen ihrer Ermittlungen auch in die örtliche BDSM-Szene. Dabei erfährt sie mehr über sich selbst als über ihren Fall, der bald eine überraschende Wende nimmt.

Eva startete den Motor. Noch länger hier zu stehen, machte keinen Sinn. Sie fühlte sich einigermaßen in der Verfassung, fahren zu können. Langsam ließ sie den Wagen im Rückwärtsgang zur Straße zurückrollen.
Eva fuhr bedächtig. Sie konzentrierte sich ausschließlich auf den Verkehr, ließ gar keine andere Gedanken zu, als ihr Fahrzeug sicher zu lenken. Sie wußte bereits, wohin sie fahren wollte. Sie mied die Autobahn und nicht allein, weil sie fürchtete erneut in einen Stau zu geraten.
Sie fuhr stadtauswärts. Die Bebauung wurde spärlicher, der Verkehr insgesamt dünner. Eva beschleunigte etwas. Der Sechszylinder surrte ruhig und gleichmäßig wie eine geölte Nähmaschine, die Straßenlage war einfach traumhaft. Seit sie das Coupé besaß, empfand Eva Autofahren zum ersten Mal als etwas Sinnliches. (mehr …)

Kurzes #18 – Gero begegnet Marlies

Im folgenden Abschnitt aus der Erzählung »Ein neues Zimmer« begegnet Gero zum ersten Mal während einer Vernissage seines Freundes Wolf Marlies. Wie sich das Verhältnis mit Marlies und Gero entwickelt, ist nachzulesen im Erzählband »Felizia & Felix«

 

Als Gero sich auf den Weg zu Wolfs Vernissage in einer kleinen ein wenig vom Zentrum entfernt gelegenen Galerie machte, dachte er bereits nicht mehr an Marlies. Im Prinzip ging er nur aus der damals noch relativ frischen Freundschaft zu Wolf dorthin. Vernissagen langweilten Gero in der Regel. Sie besaßen für ihn immer etwas Verpflichtendes, war ihm der Künstler persönlich bekannt. Ansonsten waren ihm zu viele Leute anwesend, die aus allen möglichen Gründen dorthin gingen, jedoch nur selten der Kunst allein wegen. (mehr …)

Kurzes #17 – Malte und das Paradies

Der folgende kurze Text ist ebenfalls aus »Adalberts Erbe«. Zoí« ist vorübergehend zu Malte ins Haus gezogen. Das strahlende Frühlingswetter und seine Verliebheit in Zoí« lassen Malte Vergleiche mit Adam und Eva im Paradies anstellen, bei dem weder Adam noch Eva und schon gar nicht das Paradies gut wegkommen.

Die sonnendurchfluteten Frühlingstage waren zurückgekehrt. Der üppig gefallene Regen hatten der Flora in Maltes Garten einen beinahe explosionsartigen Wachstumschub beschert. Von den mühevollen Arbeiten, die er mit Florian gemeinsam darin geleistet hatte, war so gut wie nichts mehr zu sehen, was Malte aber nicht sonderlich störte, auch daß der Rasen einen Schnitt gut vertragen könnte, nahm er mit einem gleichgültigen Achselzucken hin. Die neue Blütenpracht gefiel ihm im Gegenteil ausnehmend gut und erinnerte ihn einmal mehr an die glücklichen Kindertage, die er hier verbracht hatte. Zoí« Gegenwart verhinderte, daß er dabei in eine melancholische Stimmung verfiel. Es gelang ihm, sich ungetrübt am Wachstum, den üppigen Blüten, den süßlich herben Aromen, die den Garten erfüllten zu erfreuen. Er fühlte sich inmitten diesen Blütenmeeres besser als Adam mit seiner Eva im Paradies, denn erstens gehörte ihm dieses kleine Paradies, zweitens konnte er so viele Äpfel von den Bäumen naschen wie er wollte ohne andere Folgen als Völle und Blähungen befürchten zu müssen – daß noch gar nicht die Jahreszeit für Äpfel war, übersah er dabei geflissentlich obwohl tatsächlich ein alter Apfelbaum, der im Herbst reichlich Früchte trug, hinten im Garten neben einem Pflaumenbaum wuchs. (mehr …)

Kurzes #16 – Begegnung im »Pferdehof«

Der folgende Text ist ein Auszug aus dem noch in Bearbeitung befindlichen Roman »Adalberts Erbe«, dessen Erscheinungstermin noch nicht feststeht.

Malte folgte dem Wirt in den Salon, der als Café, Bar und Aufenthaltsraum zugleich diente. Erst an der breiten Theke sitzend und dem Wirt zusehend, wie dieser an der Kaffeemaschine hantierte, fiel ihm die junge Frau auf, die unweit von ihnen an einem Tisch am Fenster saß, die Beine lässig übereinander geschlagen, vor sich eine halbvolle Tasse Kaffee und in einem Wissenschaftsmagazin aufmerksam lesend – die unbekannte Schöne vom Friedhof.
Maltes Herzschlag beschleunigte sich bei ihrem Anblick unwillkürlich. Er versuchte unauffällig zu ihr hinüberzusehen. Sie schien derart in ihre Lektüre vertieft, daß sie nichts um sich herum wahrzunehmen schien. Sie trug heute keinen dunklen Rock sondern ein elegantes körperbetont geschnittenes knielanges Kleid aus blauchangierendem feinem Stoff, weiße Strümpfe und maßgefertigte farblich mit dem Kleid harmonierende Schuhe aus edlem Leder mit ungewöhnlich hohen Absätzen, was in ihm endgültig die Überzeugung festigte, daß sie eine auffällige Passion für hochhackiges Schuhwerk besaß. Zudem war sie weniger dezent geschminkt als auf dem Friedhof, die vollen Lippen hatte sie mit einem dunkelroten Lippenstift betont. Das Haar trug sie offen. (mehr …)

Wer rastet der rostet #5

In den letzten Wochen habe ich meinen Blog etwas vernachlässigt, da ich mich ganz auf die Fertigstellung meines neuen Erzählbandes »Felizia & Felix« konzentriert habe. Nun ist er fertig und wird gerade von dritter Seite Korrektur gelesen. Er enthält fünf Erzählungen mit BDSM-erotischem Schwerpunkt, mal heiter, mal ein wenig nachdenklicher, über unerwartete Begegnungen wie bspw. in »Marmeladentörtchen«, wie ein Outing dem Partner gegenüber eine bisher zutiefst harmonische Beziehung in eine gefährliche Schieflage bringen kann, nur weil der andere etwas partout mißverstehen will, wie in der Titelgeschichte »Felizia & Felix«.
Verläuft alles wie geplant, dann wird der Band voraussichtlich im Spätsommer erscheinen. Zur Einstimmung hier schon einmal die Titelseite und das Inhaltsverzeichnis nebst Klappentext.

Klappentext
Felizia und Felix gelten in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis als Traumpaar. Sie leben bereits seit sieben Jahren harmonisch zusammen. Nichts scheint ihre traute Zweisamkeit stören zu können. Bis Felizia sich ihrer BDSM-Phantasien bewußt wird. Zuerst sieht sie in ihnen nur eine vorübergehende Erscheinung, doch schieben sie sich immer stärker in den Vordergrund. Felizia entschließt sich, Felix davon zu erzählen. Zuerst nimmt Felix es relativ gelassen auf, doch dann macht Felizia eine ungeschickte Äußerung bezüglich »anderer Männer«, die Felix vollkommen mißversteht. Und auf einmal scheint die ganze Harmonie zwischen Felizia und Felix nachhaltig gestört.
Inhalt:

Marmeladentörtchen
Die neue Kollegin
Felizia & Felix
Ein neues Zimmer
Überrascht!