Kurzes #17 – Malte und das Paradies

von
Armin A. Alexander

Der folgende kurze Text ist ebenfalls aus »Adalberts Erbe«. Zoí« ist vorübergehend zu Malte ins Haus gezogen. Das strahlende Frühlingswetter und seine Verliebheit in Zoí« lassen Malte Vergleiche mit Adam und Eva im Paradies anstellen, bei dem weder Adam noch Eva und schon gar nicht das Paradies gut wegkommen.

Die sonnendurchfluteten Frühlingstage waren zurückgekehrt. Der üppig gefallene Regen hatten der Flora in Maltes Garten einen beinahe explosionsartigen Wachstumschub beschert. Von den mühevollen Arbeiten, die er mit Florian gemeinsam darin geleistet hatte, war so gut wie nichts mehr zu sehen, was Malte aber nicht sonderlich störte, auch daß der Rasen einen Schnitt gut vertragen könnte, nahm er mit einem gleichgültigen Achselzucken hin. Die neue Blütenpracht gefiel ihm im Gegenteil ausnehmend gut und erinnerte ihn einmal mehr an die glücklichen Kindertage, die er hier verbracht hatte. Zoí« Gegenwart verhinderte, daß er dabei in eine melancholische Stimmung verfiel. Es gelang ihm, sich ungetrübt am Wachstum, den üppigen Blüten, den süßlich herben Aromen, die den Garten erfüllten zu erfreuen. Er fühlte sich inmitten diesen Blütenmeeres besser als Adam mit seiner Eva im Paradies, denn erstens gehörte ihm dieses kleine Paradies, zweitens konnte er so viele Äpfel von den Bäumen naschen wie er wollte ohne andere Folgen als Völle und Blähungen befürchten zu müssen – daß noch gar nicht die Jahreszeit für Äpfel war, übersah er dabei geflissentlich obwohl tatsächlich ein alter Apfelbaum, der im Herbst reichlich Früchte trug, hinten im Garten neben einem Pflaumenbaum wuchs.
Abgesehen davon war diese Schöpfungsgeschichte ohnehin voll von chauvinistischen Vorurteilen; die Frau als raffinierte Verfüherin und der Mann als naiver willensschwacher Trottel ohne Durchsetzungsvermögen, von der eigenen Libido rücksichtslos beherrscht. Betrachtete man es genau, muß Adam ja ein richtiger Holzkopf gewesen sein. Und was soll an Erkenntnis so schlecht sein? Dumm aber glücklich? Ist das die Botschaft, die vermittelt werden soll? Dann doch lieber wissend und sich mit Problemen auseinandersetzen, wenn der Preis für Glück Einfältigkeit ist. Und wie soll der Einfältige überhaupt sein Glück genießen können, wenn er es nicht zu würdigen weiß, weil er dessen Gegenteil nicht kennt, es sich nicht erarbeiten muß? Und viertens – was für Malte das wichtigste war – gefiel ihm Zoí« weitaus besser als jene Urmutter – ihm drängten sich sofort die Darstellungen der Eva bei den alten Meistern auf. Zoí« verstand es zudem, sich besser zu kleiden und übertraf jene Gefährtin Adams als Geliebte wahrscheinlich um Längen – was auf Grund der den Umständen geschuldeten mangelnden praktischen Erfahrungen Evas vor ihrer Beziehung mit Adam nicht verwundern dürfte. Andererseits dürfte aus demselben Grund mit Adams Fähigkeiten als Liebhaber auch nicht weither gewesen sein.
Bei diesem Gedanken mußte Malte schmunzeln und war erleichtert, daß Frauen mittlerweile zugestanden wurde, ihre eigenen Erfahrungen machen zu können – naja, daß sie sich das Recht dazu mühsam erkämpft hatten, entsprach wohl mehr den Tatsachen, wie Malte bereitwillig und ehrlich zugab. Es war ohnehin ergiebiger mit Leuten zusammenzusein, die sich ein Recht erstritten hatten als mit jenen, denen es großzügig gewehrt wurde. Letztere wußten es in der Regel nur selten zu würdigen. Mit einer Frau ohne Erfahrung zusammensein zu müssen, empfand Malte als schaurige Vorstellung, an die er lieber keinen Gedanken verschwendete. An Erfahrungen mangelte es seiner schönen Geliebten jedenfalls nicht, wie Malte hatte ausgiebig feststellen können. An einem der Tag, an dem es pausenlos geregnet hatte, waren sie nur für die notwendigen Mahlzeiten aus dem Bett gekommen.

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