SM – Eine kurze Begriffsgeschichte

von
Armin A. Alexander

»Der modernen Sexualforschung sei es zum derzeitigen Stand nicht möglich, zwischen gesundem und pathologischem Sexualverhalten zu unterscheiden. So ist das Sexualverhalten ein gänzlich ungeeignetes Kriterium, um zwischen gesunden und behandlungsbedürftigen Persönlichkeitsprofilen zu unterscheiden«

Charles Moser, Ph.D., M.D. und Peggy J. Kleinplatz, Ph.D.

Ein kurzer Blick auf die Historie

 

Die Frage ob es sich beim Sadomasochismus, Fetischismus, etc. um eine »Störung der Sexualpräferenz« handelt, stellt sich ohnehin erst seit rund 120 Jahren, seit Richard von Krafft-Ebing 1886 seine 110 Seiten umfassende »klinisch-forensische Studie« »Psychopathia Sexualis« veröffentlichte. Im Gegensatz zu anderen medizinisch-psychologischen Werken seiner Zeit läßt er die Patienten selbst zu Wort kommen und kommentiert ihre Aussagen. Das, was heute als SM (bzw. BDSM, wobei der Begriff BDSM im angloamerikanischen Sprachraum im Laufe der 1990er Jahre entstanden ist und dem Spektrum gerechter wird, da er auch Bondage und Disziplin bzw D/S mit einschließt. BDSM = Bondage and Disziplin, Domination and Submission, Sadism and Masochism [dt.: Bondage und Disziplin, Dominanz und Unterwerfung, Sadismus und Masochismus]) bezeichnet wird, kommt in diesem Band noch so gut wie gar nicht vor. Tatsächlich nimmt die Homosexualität, damals noch als »conträres Sexualempfinden« bezeichnet, den weitaus größten Raum ein. Dem von ihm geprägten Begriff des »Masochismus«, bis dahin unter anderem als »passive Flagellation« bezeichnet, widmet er sich erst 1890 ausführlich in seinem Buch »Neue Forschungen auf dem Gebiet der Psychopathia Sexualis«.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde SM allenfalls als Kuriosität angesehen. John Cleland beschreibt in seinem 1749 erschienen Roman »Fanny Hill« Flagellation als Neigung alter Männer, die diese starken Reize benötigen, um überhaupt eine Erektion zustande zu bringen. Die entsprechende Szene im Buch amüsiert eher. Dagegen empfindet in »Schwester Monika« von 1815, die dem großen E. Th. A. Hoffmann zugeschrieben wird (aber wahrscheinlich doch nicht von ihm ist, die Forschung ist sich da uneins), unter anderem die schöne junge lebenslustige Louise das Flagelliertwerden als sehr lustvoll. Auch in Shakespeares »Der Widerspenstigen Zähmung« gibt es Szenen mit eindeutigem SM-Bezug. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Auch gab es bereits im 17. Jhd. »Erklärungen«, warum Schmerz auch Lust erzeugen kann, die aus heutiger Sicht allenfalls als »originell« gelten dürfen, die aber die Betreffenden nicht explizit als Kranke darstellten, nebst Anleitungen, wie richtig geschlagen wird, das heißt ohne dem Flagellierten zu schaden.

De Sades Werke werden an dieser Stelle außen vorgelassen, da ihr Schwerpunkt weniger im erotisch-sexuellen als eindeutig im gesellschaftskritisch-philosophischen liegt.

Warum Krafft-Ebing und seine Zeitgenossen SM auf einmal als »krankhaft« und damit unbedingt behandlungsbedürftig ansahen, ist meines Erachtens untrennbar mit der gesellschaftlichen Stimmung der damaligen Zeit verknüpft. Es darf nicht vergessen werden, daß die zweite Hälfte des 19. Jhd. auch die Hochzeit des Nationalismus in Europa war und in den meisten Staaten, wie auch in Deutschland und Österreich, totalitäre Regime mit starren Hierarchien die Regel bildeten. Zugleich war aber die Frauenbewegung derart stark geworden, daß sie als Machtfaktor gleich der Sozialdemokratie und der Arbeiterbewegung, in deren Gefolge sie sich schließlich befand, nicht weiter ignoriert werden konnte. Die Herrschenden kamen um Zugeständnisse nicht mehr herum, wollten sie ihre Macht weiterhin erhalten. Die Sozialdemokratie erreichte Verbesserung in der finanziellen Absicherung der Arbeiter (Renten- und Krankenversicherung), den Frauen wurde das Wahlrecht und die Möglichkeit gegeben, Gymnasien (in Deutschland ca. 1898/99) und Hochschulen (in Deutschland ca. 1902) zu besuchen. Das alles natürlich nur »zähneknirschend«.

In diesem Zusammenhang sei angemerkt, daß Frauen noch in den zwanziger Jahren des 20. Jhd. an deutschen Hochschulen zwar promovieren aber nicht habilitieren konnten. Das heißt ihnen war die Möglichkeit an einer Hochschule zu lehren weiterhin verwehrt.

Die »Femme Fatal«, die Frau, die den Mann seelisch aussaugt, ist eine Erfindung dieses Zeitalters. Überhaupt taucht dieser Typ Frau fast inflationär in der damaligen Literatur auf. Bram Stockers »Dracula« (1897) ist ein Paradebeispiel dafür. Die Frau, die dem Mann den Lebenssaft aussaugt. Die Angst vor der Frau, seit Generationen Teil nicht nur der abendländischen Kultur, die bis dahin »geduldige« Begleiterin des Mannes und zeitweise mit kaum mehr Rechten als unmündige Kinder ausgestattet, nahm pathologische Züge an. Groteskes Beispiel dafür ist, daß es Männer gab, die glaubten, eine Vagina sei mit Zähnen ausgestattet.

»Vertraute« und »naturgegebene« Strukturen auf denen die jahrhundertealte Macht der verschiedenen Fürstenhäuser beruhten, waren stärker gefährdet als fast ein Jahrhundert zuvor durch die französische Revolution, die die übrigen Monarchien in Europa relativ gefahrlos überstanden hatten.

Die Preisgabe der männlichen Vormachtstellung, die ja zugleich eine Übergabe von Macht an die Frau darstellt, ist in diesem Kontext als »krankhaft« zu sehen, schließlich stellt sie eine Bedrohung der gegenwärtigen Ordnung dar. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß in erster Linie die Angst vor allgemeinem männlichen Kontrollverlust, vor einem radikalen Umbruch der Gesellschaft, zu diesen Einordnungen geführt hat. Es kann durchaus und nicht wirklich überspitzt formuliert werden: Haben die Frauen erst im Schlafzimmer die Macht, dann haben sie diese auch bald im Staat und umgekehrt.

Aus machtpolitischen Gründen wurde Sexualität schon immer reglementiert, willkürlich bestimmt, was »normal« was »anormal« ist. Auch wenn objektiv keinerlei Anlaß dazu besteht.

Zurück zu Krafft-Ebing und der Frage, warum plötzlich Masochismus als behandlungswürdig und der »Flagellant« als krank angesehen wird. Zumal »Schmerzlust« immer auch anerkannter Teil religiöser Riten war und ist, man denke nur an die Selbstgeißelung und daß Nonnen sich peitschen ließen, um Gott als Büßerinnen näher sein zu können. Ein Schelm, wer jetzt denkt, daß es dabei nur vordergründig um übertriebenen religiösen Eifer ging. Das beschränkt sich natürlich nicht nur auf die christlische sondern findet sich in allen Religionen.

Krafft-Ebing hat den Masochismus vereinfacht als Übertragung weiblicher Eigenschaften auf die männliche Psyche beschrieben. Der Tenor, warum Krafft-Ebing und seine – männlichen – Zeitgenossen dies als Krankheit ansahen, beschreibt er selbst im Vorwort zu seinen 1890 erschienen »Neue Forschungen auf dem Gebiet der Psychopathia Sexualis«:

 

»I. Über Masochismus und Sadismus
Vorbemerkungen.
Es ist Thatsache und mag in originären oder in erblich gezüchteten Bedingungen begründet sein, dass im Verkehr der Geschlechter dem Mann die aktive, selbst aggressive Stelle zu kommt, während das Weib passiv, defensiv sich verhält. Für den Mann gewährt es einen hohen Reiz, das Weib sich zu erobern, es zu besiegen, und in der Ars Amandi
(Der Liebeskunst Anm. d. A.) bildet die Züchtigkeit des in der Defensive bis zum Zeitpunkt der Hingebung zu verharrenden Weibes ein Moment von hoher psychologischer Bedeutung und Tragweite. [–]«

(Zitat nach »Phantom Schmerz – Quellentexte zur Begriffsgeschichte des Masochismus« belleville Verlag, München 2003, S. 14)

 

Mann = aktiv und Frau = passiv; auf eine einfache Formel gebracht und zugleich als Naturgesetz zementiert.

Wirklich masochistisch kann nur der Mann sein, denn das »Weib« ist von Natur aus masochistisch, allenfalls kann eine Übersteigerung der natürlichen Bestimmung vorliegen. Analoges gilt für den Sadismus des Mannes. Das sadistische Weib hingegen ist ebenso widernatürlich wie der masochistische Mann und zugleich ein Beleg dafür, daß die Betreffende im Grunde lesbisch ist.

Die geschilderten Fallbeispiele bei Krafft-Ebing beschreiben meist Männer, die mit ihrer von der Gesellschaft als Patriarchen geforderten Rolle Schwierigkeiten hatten, bis hin zur Angst vor ganz normalem Geschlechtsverkehr. Sie fühlten sich schuldig, weil sie nicht dem von der Gesellschaft geforderten männlichen Idealbild entsprachen. Genau dieses »Krankheitsbild« ist es, das von Krafft-Ebing bis Wilhelm Reich beschrieben wird. Aber da nun einmal der Mann seiner Zeit aktiv und die Frau das duldende, zerbrechliche, geistig minderbemittelte Dummchen zu sein hatte, mußte etwas anderes her als Erklärung als bspw. eine durch äußeren Leidensdruck entstandene Depression.

Einige Blüten, die diese Angst vor dem Weiblichen trieb und die primär mit SM wenig zu tun haben, äußerte beispielsweise auch Freud – der nachweislich mit Frauen selbst so seine Probleme hatte –, indem er zwischen klitoralem und vaginalem Orgasmus unterschied: Der klitorale ist der unreife, weil er ja nicht durch die Penetration des männlichen Gliedes erzeugt wird. Nur der vaginale ist der einzig richtige, denn er wird ja durch den Mann erzeugt! Ironie dabei; es handelt sich beiden Fällen physiologisch um denselben Orgasmus! Ebenso galten als »krank« Cunnilingus und das Küssen der Füße seiner Angebeteten! Da hier »[–]auch dem normalen Menschen ekelhafte Körperteile in dieser Weise dem Masochisten zur Befriedigung seiner Gelüste dienen.« (Der Masochismus. Ein Beitrag zur Sittengeschichte unserer Zeit (1903) von Iwan Bloch).

Diese Be-, besser gesagt Ab-Wertung von SM änderte sich erst zaghaft als sich die moderne Soziologie des Themas in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts annahm und die Subkultur untersuchte und dabei viele Vorurteile widerlegte. Unter anderem, daß es so gut wie keine Frauen in der Szene gibt, die keine Prostituierten sind, oder daß SMer kontaktscheu sind und keinen passenden Partner finden, weil sie ja mit ihren Neigungen weitgehend allein auf weiter Flur sind usw. Ähnliche Vorurteile grassierten auch lange über Homosexuelle. Und natürlich über die Selbstorganisation der Szene.

Eine »Venus« und ein Marquis als Namensgeber

 

Wie kommt es, daß ein Sexualverhalten wissenschaftlich nicht mit einem lateinischen Kunstwort beschrieben, sondern nach zwei Autoren benannt wurde, die mit ihren Werken Furore innerhalb der Literaturgeschichte gemacht haben? Und vor allem; warum gerade diese beiden?

Der eine Donatien Alphonse Franí§ois Marquis de Sade (1740–1814) war zu der Zeit als Krafft-Ebing sein auf traurige Weise epochemachendes Werk veröffentlichte, bereits seit 76 Jahren tot. Er hätte sich vielleicht darüber amüsiert, Namensgeber einer »Krankheit« zu sein. Der andere Leopold von Sacher-Masoch dagegen lebte, und war nicht nur im deutschsprachigen Raum ein anerkannter Autor. In Frankreich ist bis heute seine Bedeutung als einer der großen Literaten des 19.Jhd. unbestritten. Ihm brachte das literarische Paris bereits zu Lebzeiten seine Achtung dar. Verständlich, daß er darüber kreuzunglücklich war, von einem Psychiater in eine bestimmte Ecke gedrängt zu werden. Dieses Stigma hängt Sacher-Masoch im deutschsprachigen Raum bis heute an. Dabei war er ein sozial engagierter Autor, ein feinsinniger Schilderer der Psychologie zwischen den Geschlechtern, zudem ein Autor, der wie viele andere bedeutende Vertreter ihrer Zunft Opfer der Bücherverbrennungen der Nazis wurde.

Sacher-Masoch selbst läßt den Leser keinen Augenblick im unklaren über den eigentlichen Tenor der »Venus im Pelz«.

Er läßt seinen Severin zum Schluß sagen: »Daß das Weib, wie es die Natur geschaffen hat und wie es der Mann gegenwärtig heranzieht, sein Feind ist und nur seine Sklavin oder seine Despotion sein kann, nie aber seine Gefährtin. Das wird sie erst dann sein können, wenn sie ihm ebenbürtig ist durch Bildung und Art. [–]«

Sacher-Masoch geht es mit dieser Erzählung nicht nur um eine vermeintlich ungewöhnliche Beziehung, sondern setzt sich, wie auch in seinen anderen Texten für die Gleichberechtigung der Geschlechter sein. Severins Entwurf einer Beziehung scheitert nicht, weil seine Phantasieumsetzung ›widernatürlich‹ ist, sondern an der Ungleichheit der Geschlechter, die fehlende sexuelle Selbstbestimmung vor allem der Frau aber auch der des Mannes. Anders gesagt, nur Gleichen, Gleichberechtigten ist eine Unterwerfung unter den anderen möglich. So wie SM in der Praxis auch nur funktionieren kann.

 

»Sexuelle Selbstbestimmung ist nicht ein Ergebnis von Gleichberechtigung, sondern deren Grundvoraussetzung.«

(Aus »Sie und Er – Frauenmacht und Männerherrschaft im Kulturvergleich« 2 Bände, Köln 1998)

 

Allein deswegen ist Sacher-Masoch als Namensgeber für den »Masochismus« absolut verfehlt.


Illustration aus einer holländischen Ausgabe der Juliette (1797)

Auch der Marquis eignet sich nur bedingt zum Namenspatron. Zwar gibt es in seinen Werken »Die 120 Tage von Sodom« (1782–85), von dem lediglich der erste Teil ausgearbeitet ist, die übrigen existieren nur als Entwürfe, und im Doppelroman »Juilette et Justine« (dritte Fassung 1797 erschienen, erste Fassungen vor 1789 entstanden) reihenweise Grausamkeiten. Diese sind aber oft dermaßen überzeichnet bis hin zur anatomischen Unmöglichkeit beschrieben, daß ihre Sinnbildhaftigkeit im Grunde unübersehbar sein sollte. Es muß bedacht werden, daß sie in einer Zeit und einer Gesellschaft entstanden, die alles, was nicht der herrschenden Klassen angehörte, als Freiwild betrachtete und in der Gewalt, vor allem der öffentlichen Zurschaustellung staatlicher Gewalt, Hinrichtungen und Züchtigungen, an der Tagesordnung waren. Um auf Grausamkeiten aufmerksam zu machen, war man förmlich gezwungen, diese zu übersteigern. De Sades Welt ist der Humus auf dem die Revolution von 1789 zur Blüte gelangen konnte und auch mußte. Seine »Die Philosophie im Boudoir« (1795 erschienen) zeichnet sich dagegen durch Abwesenheit jeglicher Grausamkeiten aus wie sie in den früheren Werken zu finden ist, dafür dominiert eine klare, heitere Gelassenheit. Die Tugend, die er in der »Justine« beschreibt ist eine selbstgefällige und muß daher scheitern. Und letztlich scheitert auch das Laster an sich selbst, denn in einer durch und durch lasterhaften Welt verschwindet das gegenseitige Vertrauen, unabdingbare Basis für erfolgreiches Zusammenleben. Jeder sieht in dem anderen nur seinen Konkurrenten, den es im besten Fall zu übertreffen, im schlimmsten Fall auszuschalten gilt.

Fazit

 

Vielen ist vermutlich gar nicht bewußt, was alles zu SM bzw. BDSM (an dieser Stelle ist der weitergefaßte Begriff von SM angebrachter) gezählt wird. So gut wie jeder aktuelle Sex-Ratgeber für die Massen beschreibt Varianten, die eindeutig zum BDSM-Bereich gehören, ohne sich dessen vielleicht explizit bewußt zu sein: das einfache Fesselspiel ebenso wie Rollenspiele mit eindeutigem Machtgefälle: Die Göttin und der Tempeldiener, Die Unschuld und der Lüstling, Die Schlampe und ihr Erzieher, Die Krankenschwester und der Privatpatient. (Diese Beispiele stammen aus dem Mainstream-Sex-Ratgeber »G.i.B. – Gut im Bett.« von Katja Hertin, Reinbek 2004, S. 145)

BDSM an sich ist sicherlich nicht therapiewürdig, sondern es handelt sich dabei vielmehr um eine Bereicherung und eine Kultivierung der Sexualität. Therapie ist aber notwendig, wo Leidensdruck entsteht. Hier muß streng zwischen innerem und äußerem unterschieden werden, wobei der innere grundsätzlich Folge des äußeren ist. Denn die meisten Menschen wachsen immer noch in einem Umfeld auf, in dem alles, was über den üblichen Vanilla-Sex hinaus geht, als »anormal« gilt. Und wer möchte schon anders als die anderen sein, besonders wenn ihn der Gruppenzwang dazu nötig zu sein, wie alle Anderen? Therapie sollte das Ziel haben, daß der Betreffende erkennt, daß er sich wegen seiner Neigungen keine »grauen Haare wachsen lassen soll« und daß das Problem nicht bei ihm, sondern bei den Anderen liegt, die nicht gelernt haben, zu akzeptieren, daß es auch andere als ihre eigenen Neigungen gibt und man Anderen nicht seine Meinung aufzwingen soll.

Sadomasochismus, Fetischismus und Verwandtes existieren als Krankheitsbilder schlicht nicht. Ist man böswillig, könnte man denjenigen, die daran festhalten, selbst Persönlichkeitsstörungen attestieren, daß sie wahrscheinlich unter einem »Begriffsfetischismus« »leiden«.

Es darf getrost behauptet werden, daß es gar kein pathologisches, oder im klassischen Sprachgebrauch, widernatürliches menschliches Sexualverhalten gibt. Die einzige Frage, die sich stellt – wie übrigens bei allen Handlungen bei denen Dritte betroffen sind – ist das, was man tut, sozialverträglich oder nicht. Einvernehmlicher Sadomasochismus ist sozialverträglich, eine Vergewaltigung ist es nicht!

Wenn Erwachsene sich auch wie Erwachsene benehmen, das heißt, sie handeln verantwortungsvoll und vorausschauend und tun nur das, wozu sie selbst und andere ihr Einverständnis gegeben haben, ist jede weitere Diskussion über das, was sie tun, nicht nur müßig, sondern schlichtweg überflüssig.

Wie sagte bereits Friedrich Nietzsche so schön:

»Normal ist der, der gelernt hat, mit seinen kleinen Eigenheiten zu leben.«

4 Kommentare zu „SM – Eine kurze Begriffsgeschichte

  1. anna maja sagt:

    Der Artikel ist nun schon ein paar Monate alt und ich wundere mich, dass hier noch niemand einen Kommentar hinterlassen hat. Denn der Inhalt des Artikels ist wirklich lesenswert und vor allem auch sehr kritisch gegenüber den sonst so üblichen Klischees. Gerne gelesen, danke!

    Mfg
    maja

    1. Ich habe eher die Erfahrung gemacht, daß Leute meist dann Kommentare hinterlassen, wenn sie etwas an einem Artikel auszusetzen haben, aber nur selten, wenn ihnen einer gefallen hat.

  2. Gwen sagt:

    Und leider hat sich flattr, um gerade das Positive hervorzuheben und zu unterstützen, (noch) nicht weit durchgesetzt.

    Toller Beitrag! Vielleicht zu ausführlich für einige Zeitgenossen, ich jedoch schätze das. Besonders gut finde ich, dass du den Therapiebedarf bei Leidensdruck nicht aus den Augen verloren hast. Diese Differenzierung vergessen einige von uns in dem Bestreben, BDSM zu verteidigen.

  3. Es ist halt so, daß viele uns bereits beim Wort »Therapie« die Schotten dicht machen, weil sie Therapie mit Kranksein assoziieren. Dabei soll die Therapie beim Leidensdruck doch nur dabei helfen, die eigenen BDSM-Neigungen zu akzeptieren, damit zu leben und sie als das, was sie sind, als ein untrennbarer Teil der eigenen Persönlichkeit zu sehen, wie eben große Füße und rote Haare, und zu erkennen, daß sie das Leben bereichern (können) und nichts sind, weswegen sich irgend jemand schämen sollte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentare werden erst nach erfolgter Prüfung freigeschaltet.