Regina Hoffmann »Sarahs Lust«

von
Armin A. Alexander

Die Übersetzerin Regina wird nach einem Opernbesuch, zu dem ihre Freundin Vita sie überredet hat, der erfolgreichen und als unnahbar verschrienen Schriftstellerin Sarah vorgestellt, von deren üppiger weiblicher Schönheit sie sofort beeindruckt ist. Sarah versucht Regina gleich bei der ersten Begegnung zu verführen, doch Regina bleibt auf Distanz. Die Abweisung macht Sarah erst recht auf Regina neugierig. Auf einer Party des erfolgreichen Kunstmalers Viktor gewinnen Regina und Sarah einen Tanzwettbewerb mit einer hocherotischen Einlage. Auf der Fahrt zu Reginas Wohnung verführt Sarah Regina bereits im Taxi, was sie in Reginas Wohnung vollendet. Doch bevor Regina nach einem intensiven Orgasmus, den Sarah ihr verschafft hat, sich bei Sarah auf die gleiche Weise bedanken kann, geht Sarah, was Regina zutiefst irritiert. Immer wieder erweist sich Sarah Regina gegenüber als vollendete Liebhaberin, aber sobald Regina sich revanchieren will, zieht Sarah sich zurück. Bis sie eines Samtagmorgens Regina aus dem Bett klingelt und zu einem Wochenende auf einen Reiterhof einlädt. Regina erkennt halb durch Zufall halb von Sarah forciert, deren Grund für ihr Versteckspiel; Sarah ist Sadomasochistin. Regina, zuerst geschockt durch Sarahs Geständnis, läßt sich auf Sarahs Neigung ein und wird ihre Domse. Sarah bestimmt jede Session bis ins Detail, so daß Regina sich immer mehr wie die Erfüllungsgehilfin von Sarahs Phantasien fühlt. Dabei genießt sie ihre Rolle als Domse durchaus, sie sieht, welchen Genuß Sarah dabei empfindet und dieser steigert wiederum ihren eigenen. Als Vita, die eine Zeitlang selbst in Sarah verliebt war, nun aber von einem jungen Mann schwanger ist, den sie in kürze heiratet, Sarahs peinlich gehütetes Geheimnis errät, fürchtet Sarah von ihr bloßgestellt zu werden. Doch Vita verspricht zu schweigen. Auf ihrer Verlobungsfeier kommt es zwischen Regina und Sarah zu einer Aussprache. Regina betont Sarahs Neigungen vorbehaltlos zu teilen, aber sie will nicht mehr ausschließlich nach ihren Vorgaben handeln, sondern sie möchte, daß sie sich ihr ganz anvertraut. Sarah stimmt zögerlich zu, erkennt zudem, daß es besser ist, offen zu ihren Neigungen zu stehen, denn gerade ihre Geheimniskrämerei macht die Leute neugierig und fördert Gerede.

 

Regina Hoffmanns (ein Pseudonym??) 1996 erschienener Roman erzählt auf lockere, lebensfrohe Weise die Geschichte einer vermeidlich ungewöhnlichen Liebesbeziehung – einer lesbischen und zugleich sadomasochistischen. Ihre Protagonistinnen sind unabhängige selbstbewußte feminine und sehr attraktive Frauen in den Dreißigern, die zumindest uneingeschränkt zu ihrer Homosexualität stehen, was längst kein Problem mehr darstellt. Jedoch legt die Allgemeinheit bei BDSM noch einen anderen Maßstab an, weshalb Sarah davor zurückschreckt, sich auch diesbezüglich zu outen. Aber Sarah spielt nicht nur mit der Öffentlichkeit Versteck, sondern auch mit ihren Freunden, was ihr bei allen den Ruf einer unnahbaren launenhaften Frau einbringt und für unnötige Mißverständnisse sorgt. Sie macht Regina gegenüber zwar Andeutungen, aber die sind so dezent, daß Regina sie nicht zu deuten weiß. Bis Sarah während ihres Aufenthaltes auf dem Reiterhof zu kleinen List greift. Regina ist zumindest wegen Sarahs Hinhaltetaktik zu recht empört. Ihre trotz ihrer Homosexualität konventionelle Vorstellung von Sexualität macht es ihr zuerst nicht leicht, Sarahs BDSM-Neigung zu akzeptieren. Aber ihre Liebe zu Sarah läßt sie versuchen, die Wünsche der Geliebten zu erfüllen. Regina versteht im Laufe der Zeit, daß BDSM letztlich nur eine ganz natürliche Variation menschlicher Sexualität darstellt und mit Gewalt lediglich scheinbar etwas zu tun hat. Außerdem begreift Regina woran es liegt, daß Sarah auf andere »[–] hochnäsig [–]« wirkt, wie Sarah ihre Wirkung auf andere Menschen selbst einschätzt. »[–] Unsinn, du bist nicht hochnäsig, du wirkst nur so. Die Leute können nicht wissen, daß du sie aus Angst nicht an dich heran läßt. Sie denken, du kannst sie nicht leiden und fühlen sich zurückgewiesen [–]«. Sarahs plötzlicher Entschluß sich zu outen, stößt bei Regina zuerst auf Skepsis »[–] Ein Sicherungssystem, das sich über Jahre hinweg bewährt hat, aufzugeben, hätte jedenfalls auch seinen Preis. Solange du damit glücklich und zufrieden bist, gibt es keinen Grund, etwas zu ändern [–]« Doch Sarah ist das Versteckspielen satt »[–] Ich will nicht in die Defensive geraten. Sollte sich Öffentlichkeit nicht vermeiden lassen, würde ich lieber selbst den ersten Schritt tun. Das wird zwar einen Riesenwirbel geben, aber letztendlich kostet das weniger Kraft, als mit der ständigen Furcht leben zu müssen, daß man jederzeit entlarvt werden könnte [–]« und kann Regina letztlich überzeugen.

 

Alle Zitat aus: Regina Hoffmann: Sarahs Lust »Bei Amazon

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