Kurzes #68 – Lediglich aus Liebe?

von
Armin A. Alexander

»Ich bin auch davon überzeugt, daß die meisten Frauen das mehr ihrem Partner zuliebe machen als wirklich aus eigener Neigung«, sagte Britta in einem Tonfall, der keinen Raum für Zweifel ließ. Wie um das zu unterstreichen, schob sie sich ein dickes Stück Schwarzwälderkirsch in den Mund und zeigte dabei demonstrativ die gepflegten Zähne als wollte sie zusätzlich zum Stück Kuchen auch noch jedem Gegenargument den Garaus machen.

Lisa fragte sich, über was sie sich mehr wundern sollte, über Brittas unumstößliche Überzeugungen oder darüber, daß sie trotz ihres reichhaltigen Konsums an Süßem kein Gramm zunahm. Im Büro knabberte sie den ganzen Tag irgendeinen Schokoriegel oder vergleichbares. Sie war zwar keine zarte Elfe, eher reichlich üppig, doch waren bei ihr alle Rundungen an den richtigen Stellen. Sie wußte das und unterstrich das narzißtisch mit körperbetont geschnittener Kleidung. Während manch schlankere in einem engen Kleid leicht wie die Wurst in der Pelle wirkte, war Brittas Erscheinung weit davon entfernt. Ihre Dekolletés überließen nur sehr wenig der Phantasie. Lisa hatte in den mittlerweile fünf Jahren, in denen sie sich ein Büro teilten, nicht herausfinden können, ob das Blond ihrer seidigen Haare echt war. Sie wußte nicht, warum sie sich geärgert hatte, als Harmut euphorisch meinte, daß Britta verdammt tolle Beine hat. Sie fand ihre ja auch nicht schlecht und er ließ keine Gelegenheit aus, ihr deswegen Komplimente zu machen. Sie hatte sich bereits mehr als einmal gefragt, warum sie in Britta eine Rivalin sah, wofür es keinen Grund gab: hübsch, groß, schlank, mit langem dichten Haar, dessen Schwarz echt war. Außerdem traute ihr Lisa nicht genug Hinterhältigkeit zu, um einer anderen den Mann abspenstig zu machen, und – was Lisa allein schon beruhigen mußte – gehörte er just zu jenen Männern, über Britta gerade ihre ›Weisheiten‹ ausbreitete, die sie in irgendeiner obskuren Kolumne irgendeiner der zahlreichen Frauenzeitschriften beim Friseur oder auf dem Weg zur Arbeit in der Bahn gelesen hatte. Britta verschlang genüßlich diese Presseerzeugnisse. Besonders jene, in denen über Männer auf eine Art und Weise hergezogen wurde, daß einem Mann, käme er auch nur im Ansatz auf den Gedanken, sich vergleichbar über Frauen zu äußeren, Frauenfeindlichkeit vorgeworfen würde – und das zu Recht. Ob die Autorinnen diese Artikel aus persönlicher Abrechnung oder weil sich mit dergleichen vorzüglich Kasse machen ließ, verfaßten, war nur selten eindeutig nachzuvollziehen. Weiter brachte es die Gesellschaft in keinem Fall. Niemand leugnete, daß es unzählige Arschlöcher unter den Männern gab, Lisa war selbst oft genug einem von diesen Exemplaren begegnet, am besten ignorierte frau die, dann starben die mit der Zeit von allein aus – hoffte sie jedenfalls.

Sie stocherte abwesend und lustlos in ihrem gedeckten Apfelkuchen, während Britta mit ihren Gemeinplätzen fortfuhr. Sie fragte sich, warum sie mit Britta ins Café gegangen war. Allerdings konnte sie ja nicht vorher wissen, daß sie sich ausgerechnet über dieses Thema auslassen würde. Gewöhnlich redete sie über alles mögliche, vor allem aber über Belangloses.

»Daß Topmanager und erfolgreiche Anwälte und Ärzte sich von Dominas verhauen lassen, ist ja nichts Neues. Manche von denen brauchen das halt als Ausgleich, weil sie ohne dem nicht so recht mit der Verantwortung ihres Jobs fertig werden. Aber daß auch ganz normale Männer das mögen, und es sollen ja nicht wenige sein, fällt mir ja schon schwer zu glauben. Ich meine, die meisten, die auf der Arbeit wenig zu sagen haben, müßten doch eher dazu neigen, zu Hause den starken Mann herauszukehren. Und vor ihren Frauen noch das Hündchen zu machen, sich von ihnen schikanieren zu lassen– Nein– «, Britta schüttelte verständnislos die blonden Locken und schob sich ein weiteres Stück Schwarzwälder in den Mund.

Lisa nahm einen Schluck Kaffee und dachte daran, daß Hartmut einer dieser ›normalen‹ Männer war, die vor ihren Frauen das ›Hündchen machten‹.

Nun bekleidete Hartmut in seiner Firma zwar nicht gerade eine untergeordnete Position, aber von einem Topmanager mit weitreichender Verantwortung war er doch um einiges entfernt. Und doch genoß er es, zu ihren schönen Füßen zu liegen und sich von ihr ›schikanieren‹ zu lassen.

»Ich habe ja nichts dagegen, wenn sie das total geil macht«, senkte Britta bei diesem Satz die Stimme und nicht nur, damit niemand außer Lisa etwas verstand, zwinkerte ihr vertraulich und mit einem breiten Grinsen zu, »aber ich bezweifle, daß eine normale Frau von sich aus darauf steht.«

Lisa muß wohl reichlich skeptisch geblickt haben, denn Britta schien genötigt, hinzufügen: »Natürlich gibt es Frauen, die auf die Rolle der Domina stehen auch ohne damit Geld zu verdienen. Wobei die Professionellen in Regel noch nicht mal selbst darauf stehen. Die machen’s vor allem, weil es mehr Geld bringt und weil sie selbst keinen Geschlechtsverkehr mit ihren Kunden haben müssen. Ist ja wohl auch verpönt. Wie gesagt, es gibt natürlich auch ganz normale Frauen, die nur dann scharf werden, wenn ein Mann vor ihnen kriecht. Oder die sich eben auch selbst genüßlich vertrimmen und schikanieren lassen. Aber davon dürfte es weitaus weniger geben als ihre männlichen Gegenstücke. – Darin sind sich alle Fachleute einig«, fügte sie nach einer Kunstpause hinzu, als sei dieses Argument die letzte Weisheit.

Aber sicher, in diesen Publikationen schreiben ja nur renommierte Fachleute, die immer auf den aktuellen Wissensstand sind. Lisa nahm einen langen Schluck von ihrem lauwarmen Kaffee, damit sie nicht breit grinsen mußte.

»Damit ich nicht falsch verstanden werde, ich habe nichts dagegen, wenn jeder zu seinen Neigungen steht, Männer und Frauen gleichermaßen. So was zu verstecken ist schädlich. Aber die Betreffenden müssen sich auch darüber klar sein, daß es nicht so leicht für sie ist, das passende Gegenstück zu finden. Frauen dürften es da sicherlich leichter haben. Wie schon gesagt, sind sie in der Minderzahl und können daher wählen. Und die anderen – ich meine die anderen Männer – müssen hoffen, daß sie, wenn sie schon nicht das Glück haben, eine Frau mit gleichen Neigungen zu finden, eine Partnerin bekommen, die sich aus Liebe zu ihnen bereit findet, ihre Spiele mitzuspielen. Aber ob das wirklich leichter ist, als eine mit denselben Neigungen zu finden, kann ich mir nicht wirklich vorstellen.«

Britta gab an diesem Nachmittag noch reichlich von diesen ›Erkenntnissen‹ und ›Lebensweisheiten‹ aus dritter und vierter Hand von sich. Lisa hatte geduldig zugehört, einerseits weil sie wußte, daß jedes Gegenargumentieren zwecklos war, sie weder Lust noch das Bedürfnis hatte, sich Britta gegenüber zu outen und das Gespräch somit nur unnötig in die Länge gezogen worden wäre, andererseits konnte sie einen Restzweifel über die Motivation für ihr eigenes Verhalten nicht beseitigen.

Bevor sie Hartmut begegnet war, hatte sie sich über SM und dergleichen keinerlei Gedanken gemacht. Sie wußte, daß es das gab, es gar nicht mal so selten war und auch nichts ›Krankhaftes‹ war, aber sie hatte bisher bei sich keinerlei Bedürfnisse dahingehend feststellen können. Hartmut hatte mit seinen Neigungen von Anfang nicht hinter dem Berg gehalten, war allerdings auch nicht mit der Tür ins Haus gefallen. Es war ihm gelungen, sie vom ersten Moment an neugierig zu machen und zu begeistern, was natürlich dadurch begünstigt worden war, daß sie von Anfang an bis über beide Ohren verknallt in ihn war. Er sah gut aus, hatte einen athletischen Körper, breite Schultern, schmale Hüften und einen richtigen Knackarsch, von dem bald jede Frau bei einem Mann träumt. Sein Charme war jungenhaft, liebenswürdig, nicht aufdringlich und sie hatte bei ihm stets das Gefühl, ernst genommen zu werden. Anfänglich hatte sie es für eine Metapher gehalten, als er ihr erklärte, daß er es genieße, der Sklave einer schönen langbeinigen Frau zu sein. Doch schnell hatte er jeden Zweifel diesbezüglich beseitigt. Jede seiner Äußerung über SM hatte er mit Komplimenten an sie verbunden.

Ja, er war ein brillanter Marketingmensch und das nicht nur im Beruf. Er hatte es so vollendet verstanden, sich als ihren persönlichen Sklaven zu verkaufen, daß sie am Ende überzeugt war, daß sie schon immer einen gewollt hat, obwohl sie bis dahin nicht nur nie einen vermißt, sondern sich erst gar nicht hatte vorstellen können, daß ihr das jemals gefallen könnte. Mittlerweile waren sie fast ein Jahr zusammen und Hartmut ließ nichts an Aufmerksamkeit ihr gegenüber vermissen. Sie schien längst überzeugt, daß sie selbst schon immer die geborene Herrin gewesen ist. So viel Spaß am Sex wie mit Hartmut hatte sie noch nie gehabt, was etwas heißen will, denn Sex hatte ihr schon immer Spaß gemacht, wofür sie sich bisweilen sogar ein wenig schämte, besonders wenn sie ausgiebig erotischen Tagträumen nachging und das Gefühl hatte, vermeintlich wichtigeres darüber zu vernachlässigen.

In ihrer Beziehung zu Hartmut schien alles in bester Ordnung zu sein, bis eben zu jenem Nachtmittag als sie sich von Britta hatte überreden lassen, doch noch mit ins Café zu gehen. Was auch ein wenig Hartmuts Schuld war, wäre er an diesem Tag nicht auf Dienstreise gewesen, wäre sie vom Büro sogleich nach Hause gefahren.

Zuerst war sie lediglich genervt und vergaß ziemlich schnell Brittas Ergüsse. Doch hat der Zweifel erstmal das geringste Fleckchen Nährboden gefunden, dann sproß und gedieh er, daß es eine Freude ist.

 

Sie saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem Küchenstuhl. Sie trug das, worin Hartmut sie am liebsten sah: schritthohe enganliegende schwarze Stiefel aus weichem Leder, deren Absatzhöhe ein gelungener Kompromiß aus Höhe und der Möglichkeit zum sicheren Gehen war. Seiner Auffassung nach konnten Absätze nicht hoch genug sein, doch sie blieb in diesem Punkt standhaft. Sie trug ja selbst gerne hohe Absätze, aber sie wollte doch noch einigermaßen sicher darauf laufen können. Das sah er ziemlich schnell ein, denn eine Domse, die nur mühsam die Balance halten kann, wirkt nicht wirklich überzeugend. Der beige Ledermini bedeckte kaum ihren hübschen Po. Sie hätte einen längeren Rock vorgezogen. Mehr als knielang mit einem seitlichen Schlitz fast bis zur Hüfte. Das war in ihren Augen viel erotischer, verruchter vor allem. Eine Domse sollte ihre Reize verstecken und zeigen zugleich. Aber sie hatte Hartmut letztlich nachgegeben. Sozusagen als Ausgleich, weil er ihr bei der Absatzhöhe die Entscheidung überlassen hatte. Worüber es nie eine Diskussion gegeben hatte, waren Korsetts. Die hatten sie schon als Kind fasziniert, wenn sie diese auf alten Abbildungen und in historischen Filmen sah. Schon früh hatte sie sich ihr erstes gekauft. Zwar nicht aus schwarzem Leder wie das, was sie im Moment trug, sondern aus blauem Satin. Sie liebte den gleichmäßigen Druck auf den Körper, daß man gar nicht anders konnte, als aufrecht zu sitzen und zu gehen, daß sie, vorausgesetzt sie paßten, sich angenehm trugen und den Rücken entspannten. Daß oberarmlange Lederhandschuhe die Würde einer Domse noch unterstrichen, verstand sich fast von selbst. Auch wenn sie sich mindestens einmal in der Woche fragte, ob diese Kostümierung sein mußte, so war ihr doch bewußt, daß eine Domse in Jeans, Sweatshirt und Turnschuhen, zwar machbar ist und Autorität – zum Glück! – nicht von Kleidung abhängt, so ißt das Auge dennoch mit. Andererseits hätte sie ihn oft genug lieber gerne in einem schicken Kostüm mit engem Rock, das durchaus aus Leder sein durfte, Nahtnylons, hochhackigen Schuhen und strenger Frisur dominiert. Aber er lief lieber einem Klischee nach. Normalerweise störte sie einzig der sehr kurze Rock. Jetzt jedoch mißfiel ihr bis auf das Korsett fast alles. Ihr wollten Brittas Worte einfach nicht aus dem Kopf. Daß er eben nicht nur stets bestimmte, was sie bei ihren Sessions trug, sondern auch im großen und ganzen den Ablauf. Vielleicht weil sie stets auf mehr als nur auf ihre Kosten kam, war ihre Motivation, sich selbst mehr einzubringen, bisher nicht sonderlich groß gewesen.

Er schlabberte ziemlich laut. Rindfleischsuppe mit Nudeln und dicken Fleischstücken aus einem auf dem Boden stehenden Hundenapf zu essen, ist alles andere als leicht. Sie hatte das Rezept von ihrer Großmutter. Dafür stand sie zwar lange in der Küche, aber das Ergebnis war das Bemühen wert. Hartmut, der Suppen im allgemeinen vorher nicht viel hatte abgewinnen können, war nach dieser förmlich süchtig geworden. Früher hatte er das Spiel mit Nudeln gemacht. Wie ein Hund schnappte er ein dickes Stück Suppenfleisch und kaute es von einem genüßlichen Grunzen begleitet. Bisher hatte sie bei dieser Geste angerührt schmunzeln müssen. Heute jedoch erschien es ihr beinahe überflüssig, ja ärgerlich und aufgesetzt.

»Schmatz nicht so laut«, fuhr sie ihn verärgert an.

Sie hatte es nicht wie üblich halb im Ernst und halb gespielt gesagt. Kaum hatte sie es ausgesprochen, wurde ihr bewußt, daß sie tatsächlich verärgert war. Sein Schlabbern, sein Schlürfen und sein Schmatzen waren ihr lästig. Wenn er partout die köstliche Suppe aus diesem zugegebenermaßen edlen Hundenapf essen wollte, konnte er sich wenigstens bemühen, sich so gesittet wie möglich zu verhalten und nicht wie ein verlauster halbverhungerter Straßenköter, der ein erstes richtiges Fressen seit langem bekommen hatte.

Sie blickte auf seine breiten Schultern, das dichte braune Haar, die Muskeln, die er angespannt hatte. Sie konnte nicht umhin sich an seinem schönen Körper zu weiden, der ungehindert ihren Blicken ausgeliefert war, denn außer einem Lederharnisch, der mit einem Futteral seinen schönen Schwanz umschloß, wodurch er keine Erektion bekommen konnte, ohne daß es schmerzhaft für ihn wurde, und einem breiten Lederhalsband trug er nichts.

Sie sah ihn gerne in engen schwarzen Ledershorts, die seinen Knackarsch betonten – sie scheute es sich nicht zuzugeben, daß sie beim bloßen Anblick sofort naß wurde.

Er grunzte leise, bemühte sich, weniger geräuschvoll zu essen, aber wie dem meist so ist, ausgerechnet wenn man versucht etwas so unauffällig wie möglich zu machen, geht es erst recht schief.

Auf den Boden neben dem Napf hatte sich eine ansehnliche Lache gebildet, in der Nudeln, Gemüsestücke und Suppengrün schwammen.

Wie gut, daß der Küchenboden gefliest war. Sie dachte in diesem Moment wie eine gestreßte Hausfrau. Dabei hatte sie einen ›Sklaven‹ der den Boden mit Begeisterung reinigen würde – und das bisher auch immer bereitwillig gemacht hat.

Sie wußte nicht, ob sie weiterhin gelangweilt oder verärgert auf ihrem Platz sitzen sollte. Unwirsch hatte sie begonnen mit dem freien Fuß zu wippen und die Peitsche in ihren Händen leicht ungehalten zu drehen.

»Ich hab’ doch gesagt, du sollst nicht so schmatzen«, es klang jetzt richtig aggressiv.

Er hätte sich fast verschluckt. Nicht daß ihm ihre Heftigkeit mißfallen hätte, aber er wußte sie nicht einzuordnen, bisher war sie zwar auch streng gewesen aber mit Güte. Sollte sie jetzt langsam in Fahrt kommen?

Ob seine für einen Menschen doch höchst ungewöhnliche Haltung bei der Nahrungsaufnahme daran Schuld war oder was anderes, jedenfalls mußte er kräftig rülpsen, zurückhalten war unmöglich. Es hatte sich zuviel Luft in ihm gesammelt. Und dieser Rülpser war natürlich alles andere als leise.

»Verdammt Scheiße, mußt du dich wie eine alte Sau benehmen«, entfuhr es ihr wütend und im selben Moment sauste ihre Peitsche mit einer Wucht auf seinem nackten Hintern nieder, die sie vielleicht noch mehr überraschte als ihn. Er stöhnte vor Schmerz auf, denn es tat verdammt weh. Er unterdrückte unwillkürlich den Reflex zu protestieren, obwohl er ein »Sag mal, spinnst du oder was? So fest zuzuschlagen« schon auf der Zunge hatte. Zwar hatte die Tatsache, daß sie saß und daher in einem eher ungünstigen Winkel getroffen hatte, dem Schlag etwas von seiner Heftigkeit genommen. Hätte sie dagegen hinter ihm gestanden und mit dieser Wucht zugeschlagen– Er wagte nicht daran zu denken.

Lisa, die sich schnell bewußt wurde, daß ihr Schlag aus reiner Wut und Ärger heraus geführt worden und somit durch nichts zu entschuldigen war, machte, was die meisten machen, die einen Fehler begangen haben, ihn aber weder eingestehen wollen noch können; sie gab einzig dem Ziel ihrer Wut die Schuld und hackte jetzt erst recht auf ihm herum. Erst jetzt schien sie das ganze Ausmaß der Lache auf den Fliesen zu sehen, daß ihr auf dem Boden stehender Stiefel mit Nudeln und Suppenspritzern mehr als reichlich verziert war.

»Siehst du nicht, was du altes Schwein gemacht hast? Der ganze Boden schwimmt von deiner Scheißsuppe! Meine Stiefel hast du auch versaut! Nicht mal vernünftig fressen kannst du! Du kannst eigentlich gar nichts, du Schlappschwanz!«

Sie redete sich in Rage und nichts war mehr gespielt. Sie machte ihrem angestauten Ärger Luft, aber sie wußte nicht, worüber sie sich wirklich ärgerte, über ihn, daß sie sich zu einer solch heftigen Reaktion hatte hinreißen lassen oder über das dumme Gerede von dieser blöden fetten Kuh Britta, die noch nie was verstanden hatte. Die sollte sich von ’nem echten Kerl mindestens einmal pro Woche so richtig durchficken lassen, dann würde sie nicht mehr so einen Blödsinn lesen und vor allem reden! Für was anderes war die doch sowieso nicht zu gebrauchen! Sie ignorierte vollkommen, daß Britta ein reges Sexualleben besaß und damit auch nicht hinter dem Berg hielt.

Hartmut schaute Lisa von untenher wie ein geprügelter Hund an. Was er in gewisser Weise auch war. Er wußte nicht mehr war los war. Die Worte prasselten wie Peitschenhiebe auf ihn nieder und manche empfand er auch so. Trotz aller Härte und obwohl sie immer wieder nahe dran war, sprach sie wirklich demütigende Worte, die ihre Spuren erst mit Verspätung hinterlassen, dafür aber nur schwer auszulöschen sind, nicht aus. Er hatte sich eigentlich immer gewünscht, daß sie einmal von selbst derart aus sich herausgehen würde. Er genoß es und es erschreckte ihn zu gleich, weil er den Grund dafür nicht erkennen konnte. Außerdem brannte die Stelle an seinem Hintern wo ihr Schlag ihn getroffen hatte, höllisch.

Auch sie bemerkte in sich eine Veränderung, mehr unbewußt noch, aber es ließ sich nicht leugnen; ihn derart schlecht zu behandeln, gefiel ihr, erregte sie – ja verdammt, es machte sie richtig geil! Sie spürte, daß sie Macht über ihn hatte und jetzt ganz schön viel von ihm verlangen konnte. Die anfängliche Wut war bereits verraucht, jetzt genoß sie einzig ihre Macht. Sie fühlte sich wie in einem Rausch.

Sie stand auf, beugte sich hinunter und nahm ihm den fast leeren Napf weg.

»Du leckst jetzt alles vom Boden auf und dann leckst du mir die Stiefel sauber, so daß sie glänzen. Hörst du?«

Sie drohte mit der Peitsche, da er zögerte. Sie hatte von ihm noch nie verlangt auch vom Boden aufzulecken, sondern diesen nur aufzuwischen. Das hatte noch keine Frau von ihm verlangt. Obwohl die Fliesen sauber waren, war es doch alles andere als hygienisch. Von ihren Stiefeln war das was anderes, das tat er mit großem Genuß, keine Frage.

Andererseits; sie holte zu einem Schlag aus, dessen Wucht den vorangegangenen noch um einiges übertreffen würde, außerdem stand sie jetzt. Sie führte den Schlag. Die Gerte zischte mit einem ekelhaften Geräusch durch die Luft. Er schloß die Augen, bereit auch diesen Schlag mannhaft zu ertragen und zugleich hoffend, daß sie im letzten Moment noch abmildern würde. Er spürte schon den Luftzug, er spannte alle Muskeln an, hielt den Atem an, verspürte Angst und Lust zugleich und bald würde er den Schlag spüren– Es war nur der Luftzug, den er spürte. Sie hatte keinen Augenblick daran gedacht, ihn wirklich zu treffen. Sie war sich bewußt, daß ein Schlag mit dieser Wucht mehr als nur unverantwortlich war und nicht nur weil sie neben seine linke Niere gezielt hatte.

Er öffnete erleichtert die Augen, sah sie von unten heran. Ihre Augen blitzten auf eine Weise, die er an ihr noch nicht kannte, aber der ihm außerordentlich gut gefiel. Er wußte noch nicht, was diesen Wandel in ihr verursacht hatte. Im Augenblick hielt er es für angebracht, ihr lieber Folge zu leisten. Seine Haltung war zur Gegenwehr auch ziemlich ungünstig. Lisa gehörte zu den Frauen, die trotz ihres schlanken Körperbaus über eine erstaunliche Kraft verfügen.

»Leckst du jetzt endlich deine Scheiße auf, die du gemacht hast!« Sie fuchtelte mit der Gerte, schien zu weiteren Schlägen entschlossen. »Oder soll ich dich mit deiner blöden Fresse da rein drücken!«

Ihre Worte ließen Gefühle der Zuneigung und Lust aus sie durchströmen, noch nie hatte er sich während einer Session zu ihr so hingezogen gefühlt. Je mehr sie ihn niedermachte, desto mehr fühlte er sich zu ihr gezogen.

Sie spürte das und je mehr er es genoß, von ihr so behandelt zu werden, desto mehr genoß sie ihr eigenes Tun, ja begehrte sie ihn.

Er überwand sich und leckte die Suppe vom Boden auf. Er stellte fest, daß ihm das verdammt gut gefiel, und mußte gegen eine Erektion ankämpfen, die in seinem Geschirr schmerzhaft war. Er wußte nicht, daß sie in ihrer Körpermitte gleiches verspürte, so sehr erregte es sie zu sehen, wie er, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, den Boden sauberleckte, um sich anschließend ihren Stiefeln zu widmen.

Sie schloß die Augen, legte den Kopf in den Nacken, seufzte leise vor Lust auf und glaubte seine Zunge durch das Leder auf ihrer Haut zu spüren. Sie dachte längst nicht mehr an Britta, an ihre Zweifel, die zu dieser Situation geführt hatten.

Sie öffnete die Augen, sah wie er ihre Stiefel blankgeleckt hatte, wie er ihre Absätze mit der Zunge umspielte. Länger konnte sie es nicht mehr aushalten. Sie mußte ihn in sich spüren. Sie packte ihn mit festem Griff bei den Schultern. Er spürte ihre Nägel durch das weiche Leder ihrer Handschuhe. Furchtsam sah er sie an, sah das Lachen in ihren Augen, einen fröhlichen Übermut, der an Stelle ihrer Wut getreten war. Sie drückte ihn auf den Rücken, so daß er mitten auf dem Küchenboden lag, dabei den Napf umstieß, und der restliche Inhalt sich über den Boden ergoß, was ihr aber nicht mehr sah oder gar nicht interessierte. Er spürte, wie sie mit festem Griff seinen Schwanz aus dem Ledergefängnis befreite, unmittelbar darauf auch schon auf ihm saß und– ja, man konnte es gar nicht anders nennen – ihn regelrecht durchfickte. Vergessen war der Schmerz auf seinem Hintern. Vergessen hatte sie ihren Ärger. Sie hatten beide ihren Spaß, nur das stand wirklich fest.

Ab heute würde sie den Ablauf der Sessions bestimmen, vor allem weg mit diesen kurzen Röcken und endlich die langen, bis zur Hüfte geschlitzten, die sie wirklich scharf fand. Verdammt, sie war die Domse und er nur ein Scheißsklave, der nichts als zu gehorchen hatte, den sie nach Herzenslust benutzen konnte!

Es mochte vielleicht Frauen geben, die ›so etwas‹ für einen Mann nur aus Liebe machten; sie gehörte ganz sicher nicht zu ihnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentare werden erst nach erfolgter Prüfung freigeschaltet.