Kurzes #113 – Kontrollverlust

von
Armin A. Alexander

Fortsetzung von: Nachhife tut Not, Der wilhelminische Erziehungsratgeber, Unkonventionelle Maßnahmen, Der Stuhl und Auf allen vieren

 

Jetzt noch einen Tee und anschließend nach Hause entschloß sich Rüdiger.

Die Holzbauvorlesung war wieder einmal reichlich öde verlaufen. Dabei machte ihm dieses Fach durchaus Spaß. Holz war ein interessanter Werkstoff. Natürlich, warm, angenehm zu berühren und es ließen sich damit Konstruktionen errichten, die den Laien erstaunten. Aber dem alten Müller-Bergholm gelang es einfach nicht, das Thema interessant aufzubereiten. Er war unbestritten eine Koryphäe auf seinem Gebiet, doch seine pädagogischen Fähigkeiten konnten bei weitem nicht mithalten. Wohl der Hauptgrund, warum seine Vorlesungen so schlecht besucht waren, obwohl nicht wenige den KIB-Schwerpunkt gewählt hatten.

Rüdiger bezahlte seinen Tee und nahm seinen bevorzugten Platz in der Nähe des Eingangs ein.

Es war irgendwie kurios, aber fast immer wenn er in die Cafeteria kam, war dieser Tisch unbesetzt, als klebte sein persönliches Reserviertschild darauf.

Auf die beiden durchaus hübschen Studentinnen am Nebentisch, die sich angeregt miteinander unterhielten, achtete er anfangs kaum. Einzig aus Gewohnheit holte er irgendein Buch aus der Tasche und schlug es auf. Lust, sich mit einem Text zu beschäftigen hatte er nicht, dafür waren seine Gedanken zu sehr bei Ulla. Er fand es jedoch reichlich albern, lediglich vor seinem Tee zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren. Andererseits, wer konnte schon sagen, ob alle die hier oder anderswo in Cafés und an ähnlichen Orten scheinbar in einem Buch oder einer Zeitung vertieft saßen, diese auch wirklich lasen.

Er konnte es nicht leugnen, es machte ihm Spaß, sich für Ulla immer neue ›Unannehmlichkeiten‹ auszudenken. Doch das wirklich Schöne dabei war, daß es ihr mindestens ebensoviel Spaß machte, diese in Kauf zu nehmen, wodurch sie bewußt oder unbewußt ihn wiederum dazu ermunterte, sich stets etwas Neues auszudenken. Daß sie dabei beachtliche Fortschritte im Lernen machte, war längst zu wenig mehr als einer angenehmen Begleiterscheinung geworden, die ihm lediglich in seiner Rolle als Nachhilfelehrer schmeichelte.

Für den bevorstehenden Nachmittag hatte er lange überlegt, bevor er sich entschieden hatte. Einerseits wollte er Wiederholungen vermeiden, kurz hintereinander dieselbe ›Tortur‹ anwenden, andererseits mußte es etwas sein, zu dem sie auch bereit sein würde. Ebenso lag der Reiz ihres Spiels darin, nicht nur ihre möglichen Grenzen im voraus zu erkennen, sondern diese tatsächlich ausfindig zu machen. Grenzen, die ihr vermutlich selbst nicht bekannt waren. Das hatte für ihn etwas vom Durchqueren einer dunklen Höhle, deren Dimensionen ihm unbekannt waren und die er nur durch vorsichtiges aber zugleich beherztes Herantasten erkunden konnte. Je mehr Details er auf diese Weise entdeckte, für seinen Mut belohnt wurde, desto mehr stieg sein Selbstbewußtsein an, ohne jedoch das Risiko aus den Augen zu verlieren, das eine voreilige selbstüberschätzende Handlung in sich barg. Eine solche konnte alles bisher erreichte innerhalb eines Augenblicks zunichtemachen.

»Es gibt nichts Schlimmeres als wenn du dringend pinkeln mußt und irgendein Arsch hält die Toilette blockiert«, schnappte er die reichlich verärgerte Aussage der einen Studentin am Nachbartisch auf.

Er sah von seinem Buch auf und spitzte die Ohren.

»Britta, diese blöde Schlampe, mußte heute Morgen wieder einmal über eine Stunde das Bad in Beschlag nehmen«, fuhr die junge Frau im selben Tonfall fort. »Dabei habe ich ihr mehrmals gesagt, daß ich dringend muß. Meinst du, die hat darauf reagiert? Nicht die Spur! Meinte nach dem dritten Mal, als ich bereits ziemlich sauer war, daß ich ja in die Spüle pieseln könnte. Die alte Sau! Echt, in die Spüle, wo wir unseren Salat waschen! Erst als ich ihr drohte, in ihre Zimmerpflanzen zu pissen, gab sie endlich nach. Also, dieses blöde vertrocknete Grünzeug ist der wichtiger als ihre Mitbewohnerinnen. Nee, in eine Frauen-WG bringt mich keiner mehr!«

Rüdiger sah aus den Augenwinkeln heraus, daß ihr Gegenüber sich nicht sonderlich die Mühe machte, ein schadenfrohes Grinsen zu unterdrücken. Doch die andere war so mit ihrer Empörung beschäftigt, daß sie es gar nicht zu bemerken schien und heischte weiter um Mitgefühl.

»Also, weißt du, daß es verdammt weh tun kann, wenn du dringend mußt und nicht kannst. Das ist wirklich Folter.«

Jetzt fühlte die andere zum ersten Mal mit ihr. Allerdings konnte Rüdiger sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sie dieser Art von Folter durchaus etwas abgewinnen konnte. Wer weiß, ob ihre Freundin wirklich nur über eine unkollegiale Mitbewohnerin klagte.

Doch. Richtig. Das wäre wirklich etwas Neues! Eindeutig besser als sein ursprüngliches Vorhaben. Es durchlief ihn freudig und er schlug zufrieden sein Buch zu, von dem er immer noch nicht wußte, welchen Inhalt es hatte.

Er würde Ulla mit Tee abfüllen und ihr verbieten, die Toilette aufzusuchen, bis sie das ihr bestimmte Pensum absolviert hatte. Er hatte da einen wohlschmeckenden Kräutertee mit der – hier wirklich – angenehmen Nebenwirkung, daß er einen prächtigen Harndrang auslöste, sobald man mehr als zwei Tassen davon getrunken hatte, was bei ihm stets der Fall war. Ein Versuch war es wert. Das würde zwar bei weitem nicht an den optischen Reiz heranreichen, den sie beim Kriechen über dem Boden bot, aber man kann nicht alles haben.

Er packte sein Buch ein, trank den Rest seines bereits erkalteten Tees und machte sich gutgelaunt auf den Weg. Die Vorfreude hatte ihn ganz in ihren Bann.

Natürlich würde es nicht leicht sein, herauszufinden, ab wann ihr der Harndrang tatsächlich unangenehm wurde. Er würde mehr als bisher auf ihre Haltung, ihre Gestik achten müssen. Aus eigener Erfahrung wußte er, daß man erstaunlich lange einhalten konnte, wenn es sein mußte. Allerdings konnte ein Mann immer noch bewußt eine Erektion herbeiführen und damit die Harnröhre zusätzlich ›verschließen‹. Aber wie war das bei einer Frau? Trat zum ersten Mal das Gefühl auf zu müssen, hatte man noch Zeit, ehe es wirklich kritisch wurde. Wie war das noch? Was hatte er einmal darüber gelesen? Ach ja, richtig, die Blase ist nach dem ersten Eintreten dieses Gefühls etwa halb gefüllt. Sein gutes Gedächtnis für gelesenes ließ ihn zum Glück nur selten im Stich.

Ulla war wie immer überpünktlich. Der Tee zog bereits. Er hatte seine größte fast eineinhalb Liter fassende Kanne genommen. Er würde sich selbst nur eine Tasse gönnen. Oder halt! Erhöhte es nicht ihre Qualen, wenn sie sah, daß er ganz einfach wenn ihm danach war, auf die Toilette gehen konnte, während es ihr verboten war?

Dieser Gedanke erfüllte ihn mit diabolischer Freude. Es gibt tatsächlich nichts Schöneres als eine Frau zu ›quälen‹ – vorausgesetzt; sie genoß es!

Es war für sie längst selbstverständlich die Treppen zu seiner kleinen Wohnung hinaufzueilen, mit klopfendem Herzen und nicht allein auf Grund der vier im Laufschritt genommenen Treppen vor seiner Tür zu stehen und mit leicht zitternden Fingern und feuchten Handflächen auf den Klingelknopf zu drücken.

Hübsch und chic wie immer stand sie da. Noch immer hatte er nicht vorbehaltlos akzeptiert, daß sie sich in erster Linie für ihn Mühe gab.

Wie üblich tauschten sie einige Belanglosigkeiten aus, wie alte Freunde, die sich zu einem gewohnheitsmäßigen kleinen Schwatz getroffen hatten, und tranken Tee. Sie dachte sich nichts dabei, als er sie aufforderte, noch eine weitere Tasse zu nehmen, obwohl sie vorerst keinen Durst mehr verspürte. Aber da die Rollenverteilung klar war, kam sie überhaupt nicht mehr auf den Gedanken ihm zu widersprechen, und so trank sie insgesamt drei große Tassen des wirklich gut schmeckenden Tees, während er gerade einmal eineinhalb leerte.

Zufrieden beobachtete er, wie bereitwillig sie wieder jede seiner Anweisungen befolgte. Das Bewußtsein, Macht über sie ausüben zu können, ließ ihn sich immer näher zu ihr hingezogen fühlen. Stärker jedenfalls, als wäre sie ›nur‹ seine Freundin, seine Geliebte gewesen.

Erwartungsvoll setzte sie sich auf ›ihren‹ Stuhl, obwohl er sie nicht aufforderte, ihren Unterleib zu entblößen. Sie fragte auch nicht nach dem Grund. Sie war überzeugt, daß er wußte was er tat. Er setzte sich neben sie, stellte ihr lediglich einige Fragen zum Thema. Fast schon gelangweilt antwortete sie und wunderte sich längst nicht mehr, daß sie alles so gut behalten hatte, als hätte sie es schon immer gewußt. Sie wartete innerlich angespannt nur darauf, daß er zur ›Sache‹ kam. Er aber ging einfach zum nächsten Punkt über. Sie gab sich Mühe, das war sie ihrem ureigenen Ehrgeiz schuldig, aber immer mehr machte sich Enttäuschung in ihr breit. Hatte er vielleicht die Lust verloren? Was war aus den schönen kleinen Spielchen geworden? Diese Übungsstunde begann sich endlos hinzuziehen.

Sie war so in Erwartung, daß er endlich etwas unternahm, um ihre Konzentration zu fördern, daß sie zuerst gar nicht merkte, wie der Druck auf ihre Blase langsam intensiver wurde. Erst als er mit der lapidaren Bemerkung »Ich muß mal eben für kleine Jungs« aufstand, wurde ihr bewußt, daß sie bereits seit einiger Zeit selbst aufs Klo mußte.

»Ich glaube, dein Tee schmeckt nicht nur gut, er regt auch die Nierentätigkeit an«, meinte sie fröhlich lächelnd, als er zurückkam und machte Anstalten aufzustehen und es ihm gleichzutun.

»Wo willst du hin?« fragte er freundlich doch mit strengem Unterton, obwohl es darüber keinerlei Zweifel gab.

»Ich –«, begann sie leicht eingeschüchtert.

»Später«, schnitt er ihr entschieden das Wort ab. »Erst bringen wir das hier zu Ende.«

Sie blieb enttäuscht auf ihrem Platz. Nur für einen Augenblick regte sich ihr Widerspruchsgeist. Sie wollte ihm sagen, daß er ihr den Gang zur Toilette nicht einfach vorenthalten könne, einerlei in welchem Verhältnis sie zueinander stünden, doch das Vertrauen in ihn nahm wieder seinen festen Platz bei ihr ein. Eine Weile konnte sie noch aushalten. Das war durchaus kein Problem.

Sie preßte die Schenkel zusammen und konzentrierte sich auf das Buch vor ihr. Die veränderte Situation, das Bewußtsein von ihm ›abhängig‹ zu sein, beflügelte ihre Auffassungsgabe und das Lernen begann wieder mehr Spaß zu machen.

Der Druck wurde immer unangenehmer. Er war erneut Pinkeln gewesen. Es begann zu brennen. Sie rutschte immer unruhiger auf ihrem Stuhl hin und her. Das konnte ihm nicht entgehen.

Hoffentlich ließ er sie bald – allenfalls noch eine viertel Stunde, dann würde – was sagte er gerade bezüglich der Polymerketten?

Wer zuerst begriff, welchen Ursprung das leise Prasseln auf dem Parkettboden zu ihren Füßen hatte, würde sich wohl nie klären lassen. Obwohl sie, als Verursacherin nach aller Erfahrung es als erste hätte müssen, merkte sie erst durch seinen betretenen Blick, daß sie ihrer Natur einfach freien Lauf ließ. Beide schauten einander an – niemand hätte sagen können, wen es peinlicher berührte – und dann hinunter auf den großen feuchten dunklen Fleck auf ihrem Rock, wie es darunter her- und an ihren Beinen hinunterlief und sich auf dem Boden in einer stetig größer werdenden schönen Lache sammelte. Weil ihr Urin fast wasserklar war, hätte es auch gut von einem umgestoßenen Glas Wasser herrühren können, dessen Inhalt vom Tisch hinunterlief.

Ob es wirklich nur das Überraschungsmoment war, das sie dazu brachte, es bis zum Schluß laufen zu lassen? War er wirklich nur peinlich berührt, weil er ihr Durchhaltevermögen falsch eingeschätzt hatte?

Es war nicht von der Hand zu weisen, daß beide auch als sie ihre Blase bis auf den letzten Tropfen entleert hatte und sich die Lache zu ihren Füßen weiterhin ausbreitete, unverändert dasaßen. Keiner machte Anstalten, etwas zu unternehmen. Nicht einmal das in solchen Situationen obligatorische »Scheiße« kam ihnen in den Sinn, geschweige denn über die Lippen.

Letztlich konnten sie nicht wirklich lange einfach nur dagesessen und das Malheur betrachtet haben, ehe er mit einem durchaus ehrlichen »Das tut mir jetzt aber wirklich leid« aufsprang, ins Bad eilte und mit Aufnehmer und Eimer zurückkam.

Inzwischen war sie aufgestanden, bemüht, nicht in die Lache zu treten, schaute an sich hinunter und stellte fest, daß sich die Feuchtigkeit in ihren Kleidern weiterhin ausbreitete. Typischer Kapillareffekt, dachte sie spontan, als ginge es nicht um sie und als hätte sie sich nicht gerade in die Hosen gemacht.

Er kniete vor ihr und wischte auf. Er verhielt sich dabei, als ginge es wirklich nur um verschüttetes Wasser, wrang den Aufnehmer mit den nackten Händen aus. Es machte ihm offenkundig nichts aus, daß es Urin war; nämlich der ihre. Sie hatte den Eindruck, daß es ihm Spaß machte, ihn an den Händen, auf der Haut zu spüren. Was in ihr wiederum eine eigenartige und keine unangenehme Empfindung auslöste.

Mit einem Achselzucken ging sie ins Bad, während er ihr hinterher rief: »Ich frage einmal meine Nachbarin, ob sie dir etwas zum Anziehen leihen kann. Ihr habt ungefähr die gleiche Figur.«

Kurz darauf hörte sie die Tür gehen.

Zu blöd aber auch, ich hätte es gar nicht so weit kommen lassen sollen, ärgerte er sich, während er die paar Stufen zur Etage unter ihm nahm, hoffentlich ist sie mir jetzt nicht allzu böse.

Er klingelte an der Tür seiner Nachbarin.

Erst als eine Zeitlang, die ihm endlos erschien, nichts geschah, kam ihm zum ersten Mal die Möglichkeit in den Sinn, daß seine Nachbarin nicht zu Hause sein könnte. Das würde die Peinlichkeit endgültig vervollständigen, schließlich konnte er Ulla kaum zumuten, etwas von seinen Sachen anzuziehen.

Er klingelte voller Hoffnung und mit einigem Trotz, sich vom Schicksal nicht einschüchtern zu lassen, ein weiteres Mal.

Waren da nicht leise Geräusche hinter der Tür?

Es war keine Einbildung und einen Augenblick später wurde ihm geöffnet.

Ihre dunklen Haare waren zerzaust und der blaue Seidenkimono eindeutig übereilt übergeworfen und gegürtet. Doch für den durchaus reizvollen Anblick, den sie bot, hatte er kein Auge.

»Entschuldige, daß ich dich störe. Aber mir ist ein reichlich blödes Mißgeschick passiert. Ich habe eine Kommilitonin bei mir, der ich bei ihrer Prüfungsvorbereitung helfe, und – na ja – ich habe ihr eine volle Tasse Tee über den Rock gekippt. Jetzt wollte ich fragen, ob du ihr etwas zum Anziehen leihen kannst. So kann sie ja nicht nach Hause. Ihr habt in etwa die gleiche Größe«, sprudelte er fast ohne Pause hervor.

»Die hübsche Kleine, die in der letzten Zeit öfter bei dir ist«, erwiderte sie mit einem vertraulichen Grinsen, auf das er aber nicht sonderlich achtete. So richtig glaubte sie nicht an die Teestory, wenn sie auch nie die Wahrheit erraten hätte. Sie tippte – für sie naheliegender – auf eine gewisse eiweißhaltige Körperflüssigkeit, die auf irgendeine Weise auf den Rock der jungen Schönen gelandet war. Das mußte der Neid ihm lassen; was Frauen betraf, besaß er Geschmack.

»Komm erst einmal rein. Wir finden schon etwas«, sagte seine Nachbarin freundlich.

Er trat in die Diele und bemerkte für einen Augenblick einen vorwitzigen schwarzen Lockenkopf hinter der Schlafzimmertür linsen. Die Kleine hatte er doch schon einmal gesehen? Hübsches Ding, höchstens neunzehn, Respekt, dachte er. Seine Nachbarin konnte sich trotz ihrer bereits vierzig Jahre sehen lassen. – Wieso eigentlich ›trotz‹, durchfuhr es ihn, kaum daß er das gedacht hatte.

»Ich denke mal, das paßt ihr«, kam seine Nachbarin zurück und riß ihn aus seinen Gedanken.

Sie hatte einen Rock und eine Bluse mitgebracht, beide sehr chic. Sie legte sie ihm über den Arm und komplimentierte ihn hinaus.

»Mit Sicherheit bereiten die sich nicht nur auf ihre Prüfungen vor«, meinte sie schmunzelnd, nachdem sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte.

Sie ging ins Schlafzimmer zurück, um den so jäh unterbrochenen angenehmen Nachmittag fortzusetzen.

Derweil stand Ulla im Badezimmer vor dem Spiegel und sah sich mehr amüsiert den großen feuchten Fleck auf ihrem Rock an. Natürlich war es ihr im ersten Moment peinlich gewesen. Es war auch zu blöd. Sie hätte gut noch ein paar Minuten einhalten können. Er hätte ihr sicherlich gleich erlaubt aufs Klo zu gehen. Aber irgend etwas war in ihr zu dem Entschluß gekommen, alle Konventionen zu mißachten und der Natur zu ihrem Recht zu verhelfen. Im ersten Moment wäre sie – wie es sich eigentlich ja auch gehört – am liebsten vor Scham vergangen, dann hatte sie, was sie sich aber nicht eingestehen wollte, ein eigenartiges, aber absolut sinnliches Vergnügen dabei empfunden, sich einzunässen wie ein kleines Mädchen, bei dem zu früh die Windeln abgesetzt worden waren. Obwohl sie problemlos ihren Urinstrahl hätte unterbrechen können, hatte sie ihn laufen lassen. Anrichten konnte sie ja nichts. Ihr Stuhl war nicht gepolstert und unter dem Tisch lag auch kein Teppich. So peinlich berührt, wie es im ersten Moment den Anschein hatte, weil er es als seine Schuld ansah, ihr nicht schon früher erlaubt zu haben, aufs Klo zugehen, war er auch nicht. Im Gegenteil, er hatte sogar fasziniert zugesehen, wie ihr Rock nasser wurde, es an ihren Beinen hinunter auf den Boden lief und dort eine ansehnliche Lache bildete. Hatte es ihm nicht sichtlich Spaß gemacht, den ›Segen‹ aufzuwischen?

Sie strich sich mit den Fingern über den nassen Rock und spürte einen sinnlichen Schauer. Vorübergehend fand sie die Vorstellung zu onanieren reizvoll.

»Ich bin doch echt ein kleines Ferkel«, lächelte sie ihr Spiegelbild an und fand immer mehr, daß sie in ihrem nassen Rock durchaus sexy wirkte, um sich sofort lachend und mit einem gewissen Stolz zu korrigieren: »Nein, ich bin eher ein großes Ferkel.«

Langsam wurden die nassen Sachen am Körper unangenehm, einfach nur kalt und feucht und klamm und klebten auf der Haut. Außerdem mußte er bald mit trockenen Kleidern zurück sein. Was würde er von ihr denken, fand er sie immer noch in ihrem nassen Rock vor dem Spiegel stehend?

Entschlossen und doch von einem wehmütigen Seufzer begleitet, schlüpfte sie aus den Schuhen, zog Rock, Slip, Strümpfe und Hüfthalter aus und warf sie in die Badewanne. Nach einem kurzen Blick an sich hinunter folgte auch die Bluse, die hatte auch einiges aufgesogen. Bis auf ihren BH war sie nackt, zum Glück hatten die Schuhe nichts abbekommen. Warum mußte sie ausgerechnet heute eines ihrer teuersten Paare anziehen?

Sie sah sich um. Am Haken hinter der Tür hing ein blaßblauer Frotteebademantel, der eindeutig schon bessere Zeiten gesehen hatte. Sie zog ihn über und band ihn mit seinem schon etwas ausgefransten Gürtel zu.

Sie ließ Wasser ins Waschbecken laufen, schüttete etwas Waschpulver dazu und legte ihre ausgezogenen Kleider hinein.

Kaum war sie damit fertig, hörte sie, wie die Wohnungstür geschlossen wurde und er sichtlich erleichtert ausrief: »Ich habe frische Sachen zum Anziehen für dich bekommen.«

Obwohl sie bereits in den verschiedenen ›demütigenden‹ Positionen, einmal sogar nackt bis auf Nylons, Hüfthalter und kniehohen Stiefeln aus schwarzem Stretchleder vor ihm gesessen hatte und er wissen mußte, daß sie im Bad war, traute er sich offenkundig nicht hereinzukommen. Dieses ›peinliche Ereignis‹ hatte den Zauber zwischen ihnen vorerst gebrochen. Also, diese Stunde war gelaufen. Schade, aber es schien wirklich unmöglich jetzt einfach weiterzumachen. Nein, dann hätte er das Heft nicht aus der Hand geben dürfen. Ihr gar Vorhaltungen wegen ihrer Unfähigkeit, ihren Harndrang unter Kontrolle zu halten, machen müssen.

Sie malte sich fröhlich aus, wie es weiter gegangen wäre, hätte er so reagiert, während er brav draußen wartete, daß sie das Bad verließ.

Wie dem auch sei, einerseits mußte sie ihre Phantasien einfach auskosten, andererseits war es natürlich unhöflich, ihn warten zu lassen. Sie konnte ja nicht wissen, wie unangenehm ihm der ›Zwischenfall‹ wirklich war. Am Ende ließ er in seinen Bemühungen nach und ihre Nachhilfestunden verkamen wirklich zu puren Nachhilfestunden. Das war ganz und gar nicht mehr in ihrem Sinne.

»Ich habe meine Sachen schon mal eingeweicht. Ich hoffe, du hast nichts dagegen«, sagte sie und senkte leicht schüchtern den Blick.

Zum ersten Mal war er froh, daß er diesen uralten Bademantel nicht schon längst entsorgt hatte. Er war ihr zu groß, wirkte, als wäre er schon von Generationen getragen worden, und trotzdem sah sie irgendwie sexy darin aus. Warum nahm er sie nicht einfach in den Arm? Warum wendete er nur soviel Kraft auf, es nicht zu tun? Manchmal verstand er sich selbst nicht.

Mit innerer Zufrieden sah sie, wie er sie ansah, noch immer die Sachen seiner Nachbarin über dem Arm, irgendwie nicht wissend, was er mit ihnen machen sollte.

»Sind das die Sachen von deiner Nachbarin?« half sie ihm mit einem leichten Lächeln um die Mundwinkel.

»Äh, ja«, wurde er sich erst jetzt bewußt, daß er sie ihr längst hätte geben sollen.

»Hast du an Unterwäsche gedacht?« fragte sie wie nebenbei.

»Scheiße, nein«, entfuhr es ihm impulsiv.

Daran hatte er nicht gedacht. Aber klar, wenn etwas alles abbekommen hatte, dann doch wohl ihr Slip!

»Kann man halt nichts machen«, sagte sie mit einem übertriebenen Achselzucken und grinste in sich hinein.

Ob er bemerkte, wie das gemeint war? Nein, sein Blick zumindest verriet nichts außer Verlegenheit.

Sie ging wieder ins Bad, nicht nur um sich umzuziehen, sondern weil sie sich ein Lachen nicht länger verkneifen konnte.

»Ich mache uns auf den Schreck erst einmal einen frischen Tee«, rief er ihr hinterher.

Fein, dann kann ich mir ja noch einmal ins Höschen machen, das ich nicht anhabe, dachte sie fröhlich und alles andere als ernst, obwohl – Nein, einfach so war das nur eklig, machte keinen Spaß. Sie mußte in einer Situation sein, wo ihr scheinbar keine andere Wahl blieb. Außerdem glaubte sie nicht, daß seine Nachbarin sonderlich begeistert sein würde, näßte sie deren Kleider ein.

Sie hörte, wie er in der kleinen Küche rumorte und sich vermutlich überlegte, wie er sich bei ihr entschuldigen könnte. Nun, das würde sie ihm noch austreiben müssen. Geschmack hatte seine Nachbarin jedenfalls. Der Rock und die Bluse waren zwar von schlichtem Schnitt, aber von guter Qualität und der Rock wunderbar eng. Ihre festen breiten Hüften würden darin gut zur Geltung kommen. Sie liebte ihre auffallend breiten Hüften, weshalb sie gerne enge Röcke trug. Das Erstbeste hatte seine Nachbarin jedenfalls nicht gegriffen.

»Es war meine Schuld«, sagte sie und lehnte sich dabei mit einer wunderbaren Mischung aus Lässigkeit, Verführung und leichter Unterwürfigkeit an den Rahmen der Küchentür. »Ich kann sonst ganz gut einhalten. – Reden wir einfach nicht mehr davon«, setzte sie hinzu, als er zu einer erneuten Entschuldigung ansetzen wollte, drehte sich zur Bekräftigung elegant auf den Absätzen herum und ging mit lasziv wiegenden Hüften die drei Schritte ins Zimmer.

Also, das war eindeutig. Er war erleichtert. Eigentlich hätte ihm ihre gelassene Reaktion nachdem es passiert war, bereits beruhigen sollen. Wäre sie wirklich schockiert gewesen, wäre sie wohl kaum ruhig sitzengeblieben. Irgendwie glaubte er seinen Wahrnehmungen immer noch nicht so recht. Hatte es nicht so ausgesehen, als habe es ihr sogar Spaß gemacht, in ihre Sachen zu pinkeln? Wie dem auch sei, sie nahm es ihm nicht krumm und das allein zählte. Obwohl, damit hätte er ohne es zu wollen, eine Grenze erreicht haben können.

Er konnte sich nicht helfen, aber sie hatte unglaublich sexy auf ihn in ihrem nassen Rock gewirkt. Gerne hätte er mit ihr gevögelt, so wie sie war in ihren nassen Sachen.

Nein, an etwas anderes denken, bremste er sich, als er spürte, wie seine Jeans enger zu werden begann, so weit sind wir nicht.

Er konzentrierte sich erfolgreich auf etwas anderes und als der Tee fertig war, konnte er bedenkenlos zu ihr gehen.

Während der halben Stunde, die sie noch blieb, redeten sie über alles Mögliche und mieden selbst die kleinste Andeutung, die mit dem Geschehenen in Verbindung gebracht werden konnte.

Als sie ihn verließ, hatte sie ihre in seinem Waschbecken eingeweichten Kleider wirklich und nicht absichtlich vergessen.

Zu Hause ließ sie sich sofort angezogen aufs Bett fallen und wie üblich den Nachmittag Revue passieren. Sie atmete tief durch. Das war mit Abstand der beste gewesen, vielleicht weil er gänzlich anders verlaufen war als er es geplant hatte. Mit jedem Bild, das sie sich ins Gedächtnis rief, stieg ihre Erregung. Ihre Hand befand sich längst unter dem Rock und massierte ihre diesmal vom Lustnektar feuchte Liebesmuschel. Immer wieder stellte sie sich vor, wie sie auf dem Stuhl saß, immer in leichten Variationen. Zum Schluß saß sie in einem eleganten langen schulterfreien tiefdekolletierten Kleid aus blauem Satin, mit nichts darunter als ihrer Haut, einem schweren Parfum und Riemchensandeletten mit turmhohen Absätzen aus schwarzem Lack, die Hände auf dem Rücken am Stuhl gefesselt, unmöglich sich zu bewegen mit einem unglaublichen Druck auf der Blase, den sie einfach nicht mehr halten konnte. Es lag nicht an ihr, die Natur war stärker. Als diese ihr Recht einforderte, sie das schöne Kleid langsam einnäßte, hatte sie einen unglaublich intensiven Orgasmus.

Ohne daß beide es voneinander wußten, kam er fast im selben Moment, mit beinahe der gleichen Phantasie, nur daß sie bei ihm kein verführerisches Abendkleid, sondern ein modisches rotchangierendes Kostüm aus ähnlichem Stoff trug.

 

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