Kurzes #51 – Marmeladentörtchen

von
Armin A. Alexander

Jetzt fing es auch noch an zu regnen! Als ob es nicht schon reichte, im Dunkeln entlang dieser einsamen Landstraße zum Bahnhof laufen zu müssen, nur weil der stündlich verkehrende Bus zu früh abgefahren war! Hätte dieser nur eine halbe Minute gewartet – auch dann wäre er immer noch vier zu früh gewesen –, säße er bereits in seinem Zug nach Hause.

Sicher, er hätte die Stunde bis zum nächsten Bus – der dann garantiert zu spät gekommen wäre –, an der Haltestelle warten oder einfach zu seinem Gastgeber zurückgehen können. Lust hatte er zu beidem nicht gehabt. Außerdem war ein Spaziergang von einer dreiviertel Stunde so schlecht nun wieder auch nicht. Er hatte sowieso zu wenig Bewegung.

Zuerst waren es nur einige dünne Tropfen. Nicht so schlimm – glaubte er.

Warum hatte er die Einladung seines ehemaligen Mitschülers überhaupt angenommen? Seit dem Abi vor fünfzehn Jahren hatten sie sich nicht mehr gesehen. Der Kontakt hatte sich auf einige wenige Grußkarten beschränkt. Letztlich hatte jeder nur aus Höflichkeit darauf geantwortet – so lassen sich auch Kontakte aufrechterhalten! Er wußte, daß sein Schulfreund das Studium relativ schnell beendet hatte, um kurz darauf zu heiraten und zwei Kinder zu zeugen. Vor kurzem hatten sie ein Reihenhaus weit vor den Toren der Stadt bezogen, sozusagen in der Provinz, wo es ihn selbst niemals hingezogen hätte. Wie nicht anders erwartet, wurde die Einweihungsparty langweilig. Zu viele Ehepaare, die sich schon ewig zu kennen schienen und deren Gespräche sich um die immer gleichen Themen drehten. Das Wetter war sommerlich und es wurde im Garten gefeiert. Er war von einer ehemaligen Mischülerin und deren Mann in Beschlag genommen worden. Sie waren ebenfalls fremd hier und schienen nicht sonderlich an neuen Kontakten interessiert zu sein. Diese ›Zwangsgemeinschaft‹ förderte seine Stimmung nicht gerade, zumal die beiden über einen eingeschränkten Themenbereich zu verfügen schienen. Er hatte sie bereits während der gemeinsamen Schulzeit als eingeschränkt in ihren Interessen empfunden. Viel lieber hätte er sich mit jener großen attraktiven Frau unterhalten, die ihm gelegentlich einen freundlichen aufmunternden Blick zuwarf. Sie schien sich nicht weniger zu langweilen als er. Je mehr Zeit er mit dem Ehepaar verbrachte, desto mehr ärgerte er sich, nicht nur weil diese Frau sein Typ war; groß, dunkle kurze Haare, volle weiche Lippen, endlos lange Beine. Daß sie um die Schönheit ihrer Beine wußte, zeigte der enge knielange Lederrock, die hochhackigen Schuhe und die zarten Nahtstrümpfe. Nicht daß er sich etwas ausgerechnet hätte, aber eine gemütliche Plauderei mit einer Frau wie ihr hatte was Angenehmes.

Die vereinzelten Tropfen summierten sich innerhalb kurzer Zeit derart schnell, daß er sich, nachdem er kaum weitere hundert Meter zurückgelegt hatte, fühlte, als hätte er sich in seinen Kleidern unter die Dusche gestellt.

Von wegen »in den späten Abendstunden und während der Nacht ist mit leichten Niederschlägen zu rechnen«, wie es der Wetterbericht verkündet hatte! Das war ein mittlerer Wolkenbruch! Seine leichte Sommerjacke schützte ihn kaum. Die überwiegend jungen Bäume am Straßenrand boten ebenso wenig Schutz. Er befand sich ungefähr auf halbem Weg zwischen dem Haus seines Gastgebers und dem Bahnhof. Gleich welche Richtung er einschlug, er würde am Ziel gleichermaßen durchnäßt sein, wenn ihm nicht der Zufall zu Hilfe kam. Aber seit er losgegangen war, war ihm noch kein Auto begegnet.

Er ging schneller, die Jacke dicht um den Körper gezogen. Das Wasser lief ihm übers Gesicht, die Haare klebten ihm am Kopf und in seinen Schuhen stand das Wasser. Es war eklig in den nassen Sachen. Leider war er nicht hydrophil.

Viel Zeit konnte nicht vergangen sein, seit der Guß eingesetzt hatte. Zuerst hielt er es für eine akustische Täuschung, doch dann sah er die Scheinwerfer sich im nassen Asphalt spiegeln und das Motorengeräusch wurde lauter. Er ging noch näher an den Straßenrand. Daß der Fahrer ihn mitnehmen würde, so naß wie er war, glaubte er nicht, aber er wollte zu allem Übel nicht noch überfahren werden.

Das Auto wurde zunehmend langsamer. Der Fahrer mußte ihn gesehen haben und ging wohl auf Nummer sicher. Zu seinem Erstaunen fuhr das Auto langsam an ihm vorbei und hielt nur wenige Schritte vor ihm. Die Beifahrertür wurde aufgestoßen.

»Kommen Sie, steigen Sie ein«, forderte ihn eine freundliche Frauenstimme auf, als er auf der Höhe der offenen Tür war.

Ein wenig unschlüssig beugte er sich hinunter und sah ins Auto. Zu seiner Überraschung war es jene Frau, mit der er gerne geredet hätte.

»Wollen Sie weiter so im Regen wandern? Oder sind Sie am Ende hydrophil? Dann wäre das etwas anderes«, meinte sie fröhlich.

Er mußte über die Gleichheit der Gedanken lachen und stieg ein. Kaum hatte er die Tür geschlossen, fuhr sie auch schon los.

Erst jetzt bemerkte er ihren eleganten schwarzen Lackmantel, den sie so enggegürtet hatte, daß er ihr fast schon die Taille einschneiden mußte. Daß er die Ledersitze naß machte und in den Wagen tropfte wie eine undichte Hauptwasserleitung, störte sie nicht im geringsten. Sie fragte ihn, warum er auf ihre Frage gelacht hatte und er sagte es ihr. Darauf mußte sie ebenfalls lachen.

Ihr Lachen gefiel ihr. Es hatte etwas Herzliches, Vertrauenerweckendes.

»Wo wollen Sie denn hin?«

»Zum Bahnhof«, sagte er und versuchte weniger zu tropfen, was ihm aber nicht gelang.

»Fährt denn kein Bus mehr?«

»Schon, aber der war zu früh und da –«

»– dachten Sie, ein kleiner Regenspaziergang ist erfrischend«, vollendete sie mit freundlicher Ironie.

»Als ich losging, regnete es noch nicht«, meinte er lapidar.

»So kann ich Sie nicht nach Hause fahren lassen. Sie fangen sich ja sonst noch etwas ein.« Ihre Entschlossenheit duldete keinen Widerspruch. Davon abgesehen verspürte er auch wenig Lust, sich in den nassen Sachen in den Zug zu setzen. »Ich nehme Sie mit zu mir. Dort können Sie heiß duschen und Ihre Sachen werfen wir in den Trockner.«

»Wenn ich Ihnen damit keine Umstände mache«, meinte er höflich.

»Unsinn«, sagte sie und über ihr Gesicht flog für kurz ein schelmisches Lächeln, das ihm aber entging.

Sie verließ die einsame Landstraße, um in eine befahrenere einzubiegen.

Sie redeten nicht viel. Er erfuhr lediglich, daß sie eine Schulfreundin der Gastgeberin war und sie auch seit dem Abi nicht mehr gesehen hatte.

Sie näherten sich der Stadt, fuhren aber nicht ins Zentrum, sondern in einen ruhigen Vorort, in dem er seit Jahren nicht mehr gewesen war. Sie hielt vor einem kleinen, zurückliegenden Haus. Der Regen hatte aufgehört, aber das Wasser stand noch auf den Straßen. Ihn fröstelte, obwohl es eher warm war. Er wollte nur noch aus seinen nassen Sachen.

Sie zeigte ihm sofort das Badezimmer. Er war so darauf fixiert, die nassen Sachen endlich loszuwerden, daß er nicht einmal einen Blick auf ihre schöne Rückfront warf, ihren unglaublich erotischen Lackmantel, den sie kaum nur der regnerischen Witterung wegen trug.

Er zog sich in Rekordzeit aus, dachte gerade noch daran, Hausschlüssel und Brieftasche aus den Taschen zu nehmen, damit sie nicht im Trockner landeten. Er trat erleichtert unter die Dusche. Er bemerkte gar nicht, wie sie hereinkam, seine Silhouette durch das Milchglas der Duschtür mit einem spitzbübischen Lächeln betrachtete, um dann seine nassen Sachen zu nehmen.

Gut gelaunt kam er unter der Dusche hervor, trocknete sich mit einem frischen flauschigen Badetuch ab, das seine Retterin ihm bereitgelegt hatte und – wurde sich bewußt, daß er nichts zum Anziehen hatte, solange seine Sachen trockneten. Na ja, beruhigte er sich, vermutlich hatte sie ja einen Bademantel.

Das Badetuch um die Hüften geschlungen stand er reichlich unschlüssig da. Irgendwie traute er sich nicht aus dem Bad. Dabei war er gar nicht schüchtern. Aber einer fremden Frau so halbnackt gegenüber zu treten – andererseits wußte er ja nicht, ob sie allein wohnte. Bevor er in ernsthafte Gewissenskonflikte geriet, kam sie herein.

»Hätten Sie vielleicht einen Bademantel oder etwas Ähnliches«, fragte er und sah entschuldigend an sich hinunter.

»Leider nein. Ich benutze nie einen«, sie schien es nicht zu bedauern. »Aber ich hätte etwas anderes.«

Weil er immer noch leicht beschämt ihrem Blick auswich, entging ihm das leicht diabolische Aufblitzen in ihrem Blick.

»Wie kann ich Ihnen danken«, sagte er erleichtert und sah sie fragend an.

Sie zuckte mit den Achseln. Mal sehen, was er vorschlug.

»Ich könnte uns etwas kochen. Kochen ist eine Passion von mir.«

»Ich habe nicht viel im Haus«, entgegnete sie fast bedauernd.

»Das macht nichts. Ich stehe in dem Ruf, selbst aus den unterschiedlichsten Resten noch etwas Schmackhaftes zu zaubern«, fühlte er sich herausgefordert.

»Dann laß ich mich mal überraschen. Ich hole Ihnen erst einmal etwas zum Überziehen.«

Eine Minute später war sie zurück. Er traute seinen Augen nicht. In der Hand hielt sie eine rüschenbesetzte weiße Schürze, so wie sie zu Kaisers Zeiten Dienstmädchen getragen haben mußten. Gut, vorne verdeckte sie alle edlen Teile mehr als ausreichend, aber hinten – dazu Pantoffeln mit flauschigen rosa Puscheln vorne über dem Fuß und halbhohen Absätzen. War das ihr Ernst? Anscheinend, denn sie wirkte nicht, als scherzte sie.

»Etwas anderes habe ich leider nicht. Aber ich denke, es paßt zum Kochen.«

Täuschte er sich, oder war ihr Bedauern alles andere als echt? Naja, besser als nichts, dachte er, und stellte eine eigentümliche Art von Freude, sich vor ihr so zu kleiden, bei sich fest.

Ihm wurde schlagartig bewußt, daß sich bereits eine Art besonderer Vertrautheit zwischen ihnen entwickelt hatte.

Sie ließ ihn allein. Er nahm das Handtuch ab und zog die Schürze an, die ihm bis zu den Knien reichte und seine Brust bedeckte. Der Stoff war weich und fest und gar nicht wie der einer gewöhnlichen Schürze. Daß die bequemen Pantoffeln ihm problemlos paßten – Größe 43! – fiel ihm gar nicht auf. Sie konnte allenfalls 40 haben. Er ging in die Küche hinunter.

Sie erwartete ihn mit einem mehr als zufriedenen Lächeln. Sie hatte sich nicht getäuscht. Die Schürze stand ihm und auch die Pantoffeln paßten als seien sie für ihn gemacht. Weil sie sich verhielt, als sei seine Aufmachung das natürlichste von der Welt, dachte er sich nichts mehr dabei. Er wollte ihr nur noch beweisen, daß er nicht übertrieben hatte.

»Viel habe ich nicht im Haus«, sagte sie noch einmal und setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen an den Küchentisch.

»Das lassen Sie einmal meine Sorge sein«, meinte er und begutachtete den Inhalt des Kühlschranks.

Im Gefrierfach fand er zwei Koteletts, im Gemüsefach eine halbe Gurke und vier Tomaten. Die beiden Koteletts legte er zum Auftauen in warmes Wasser, anschließend inspizierte er weiter die Küche. Der Ehrgeiz hatte ihn gepackt und er vergaß endgültig, daß er nur eine neckische Schürze und ebensolche Pantoffeln trug.

Am Ende gesellten sich zu den Tomaten, der halben Gurke und den fast aufgetauten Koteletts, Kartoffeln, Champignons und Bohnen in Dosen, Reis und eine reichhaltige Auswahl an Gewürzen. Demnach wurde hier durchaus vernünftig gekocht.

Die Bohnen, die Tomaten und die halbe Gurke verarbeitete er mit Essig, Öl, Zwiebeln und Gewürzen zu einem erfrischenden Salat. Die Koteletts schnitt er in Streifen und briet sie leicht in Olivenöl an, gab Zwiebeln dazu. Schälte Kartoffeln und kochte sie. Die Champignons wanderten in die Pfanne. Er ging ganz in seiner Arbeit auf. Bemerkte gar nicht, wie sie ihm interessiert zusah, vor allem den Blick auf seinem knackigen Po, den trotz seiner leichten Hagerkeit breiten sportlichen Schultern, den geraden Beinen, obwohl, wie Männerbeine nun mal sind, behaart, ruhen ließ. Die Pantoffeln machten ihn richtig sexy.

Bald war die Küche vom angenehmen Essensduft erfüllt. Wenn es nur halb so gut schmeckte, wie es duftete, dann hatte sich der Abend für sie bereits gelohnt.

Mehr gedankenverloren hatte sie von dem wirklich gutschmeckenden Salat genascht und dabei die Schüssel halb geleert, als er ihr endlich seine Kreation servierte. Erwartungsvoll wie der Kellner in einem exklusiven Restaurant stand er neben ihr, die Hände vor dem Schoß gefaltet, als sie probierte. Sie ließ sich Zeit, schließlich war es nicht einfach ein schneller Imbiß. Es schmeckte nicht nur so gut, wie es duftete – es schmeckte sogar noch besser! Sie hielt mit ihrem Lob nicht zurück, das ihn mit Freude erfüllte. Dabei war er überzeugt, daß sie gar nicht anders urteilen konnte.

Während sie aß, stand er abwartend neben ihr, sah ihr zu. Obwohl für zwei gedeckt war, kam er nicht auf den Gedanken, sich zu setzten und ebenfalls zu essen. Dabei hatte ihm das Kochen wie üblich selbst Appetit gemacht.

Sie ließ sich Zeit, genoß ihr Mahl. Es gefiel ihr, daß er sich nicht einfach zu ihr setzte, sondern wie ein braver Diener abwartete, bis seine Herrin zu Ende gespeist hatte. Er hatte, ohne sich dessen bewußt zu sein, die Rolle vorbehaltlos akzeptiert, die sie ihm zugeteilt hatte. Außerdem schien es ihm zu gefallen. Jedenfalls war die sichtbare Ausbeulung unter seiner Schürze beredt genug. Auch wenn es ihm vermutlich nicht bewußt sein sollte, andernfalls hätte er nicht so ruhig und abwartend dagestanden.

Er achtete tatsächlich nicht auf die Reaktion in seiner Körpermitte. Er fühlte sich einfach wohl in ihrer Gegenwart, ja es ließ sich ohne weiteres sagen, geborgen. Er kam sich in seinem Aufzug keineswegs lächerlich vor, solange sie ihn darin nicht lächerlich fand.

Nachdem sie gegessen hatte, lobte sie ihn noch einmal und sah ihn wohlwollend und nicht wenig begehrend an. Ein Mann, der so gut kochen konnte, wußte sicherlich auch auf anderen Gebieten den Appetit zu wecken und gleichzeitig zu stillen.

»Ich mache mich jetzt ein wenig frisch und ziehe etwas Bequemeres an. In einer Stunde kannst du mir den Tee im Wohnzimmer servieren. Im rechten Schrank neben dem Herd müssen noch Kekse sein«, sagte sie freundlich, doch im Tonfall einer Herrin, die keinen Widerspruch duldet.

Sie verließ würdevoll die Küche, nicht ohne noch einen Blick auf seinen knackigen Po zu werfen, dabei eine deutliche Regung in ihrer Körpermitte verspürend. Mit einem unterdrückten Seufzer des Bedauerns, weil sie sich selbst eine Stunde Abwarten auferlegt hatte, ging sie nach oben.

Er sah ihr nach, weidete sich an ihren schönen Beinen und ihrem festen Po. Ein leises Glücksgefühl ergriff von ihm Besitz, als er sich an den Tisch setzte und den Rest aß. Der Abend war noch nicht zu Ende.

Er hörte das Wasser im Bad rauschen. Er schmunzelte vor sich hin. Sie machte sich für ihn frisch. Er suchte nach den Keksen. Es waren gekaufte, noch in Zellophan verpackt. Er berührte die Packung mit spitzen Fingern, als enthielte sie etwas ganz besonders Abstoßendes. Zwar war es eine bessere Marke, aber das war nichts im Vergleich zu selbstgebackenen! Nachdem er sich vorhin soviel Mühe gegeben hatte, erschien es ihm als Sakrileg, ihr fertige Kekse zum Tee zu servieren. Vor allem da ihre Tees sorgsam ausgewählte Mischungen waren. Wie konnte jemand mit soviel Stil bei einer Sache nur so nachlässig bei einer anderen sein? Nein, das würde er nicht mitmachen. Das war ein Fall für seine berühmten Marmeladentörtchen.

Mit diesen begeisterte er seine Gäste seit den Studententagen. Mittlerweile hatte er sie in derart vielen verschiedenen Varianten gebacken, daß er längst selbst den Überblick verloren hatte. Geboren war das Rezept aus dem Umstand, daß das Geld stets schneller zur Neige ging als der Monat, und man seinen Gästen doch etwas mehr als Kaffee und Tee anbieten sollte. Für die Törtchen benötigte er lediglich etwas Mehl, ein bis zwei Eier, etwas Zucker, die eine oder andere Zutat, die er noch keinem verraten hatte und die Marmelade, die gerade im Haus war. Wie bei allem kam es einzig auf die Mischung, weniger auf die Zutaten an.

Während sie duschte und sich umzog, dabei überlegte, wie sie den Abend für sie beide zu einem unvergeßlichen Erlebnis machen könnte, summte er in der Küche fröhlich vor sich hin, machte seine berühmten Marmeladentörtchen und während sie im heißen Ofen vor sich hin backten, spülte und räumte er auf.

Als sie nach etwas mehr als einer Stunde gutgelaunt und wohlriechend in die Küche kam, war er längst fertig. Die Marmeladentörtchen kühlen auf einem großen Teller ab und der Tee erfüllte den Raum gemeinsam mit diesen mit einem aphrodisischen Duft.

Er hatte sie gar nicht kommen gehört, obwohl sie nicht leiser als sonst gegangen war. Erst als sie sagte, er könne jetzt den Tee servieren, schreckte er förmlich aus seiner Selbstversunkenheit.

Nach dem kurzen Schreck zog ein Strahlen des Bewunderns über sein Gesicht. Sie sah einfach hinreißend aus. Sie trug ein leicht geschnürtes Korsett aus schwarzem Satin, das ihre vollen Brüste auf eine sinnliche Weise anhob und üppiger erscheinen ließen, schwarze, hauchzarte Nahtstrümpfe, schwarze Schuhe mit turmhohen Absätzen, auf denen sie sicher ging und ein wadenlanges, halbtransparentes leicht gegürtetes Négligé, das mehr sehen als ahnen ließ, daß sie darunter kein Höschen trug. Ihr Make-up war sehr verführerisch aber alles andere als aufdringlich oder gar vulgär. Es betonte ihre schönen braunen Augen und ihre vollen weichen Lippen. Ob sie ihm erlauben würde, sie zu küssen?

Sie bemerkte seine Bewunderung und lächelte nicht nur in sich hinein. Dieser interessante Mann war ihr ganz ergeben.

Ohne eine Antwort von ihm abzuwarten ging sie ins Wohnzimmer. Das Nichts von einem Négligé wehte lautlos hinter ihr her. Ihr Po war hinreißend und ihn durchlief ein Gefühl des Begehrens und der Lust auf sie und eines der Angst, daß außer Schauen nichts sein würde. Trotz ihrer leibhaftig gewordenen Sinnlichkeit und Verführung glaubte er eine Mauer der Unnahbarkeit zu spüren.

Er gab sich innerlich einen Ruck. Er stellte Tee, zwei Tassen, Milch, Zucker, Zitrone und seine berühmten Marmeladentörtchen auf ein großes Tablett und schritt mit bis zum Hals klopfendem Herzen, feuchten Händen und Revolte im Schoß formvollendet zu ihr ins stilvoll eingerichtete Wohnzimmer.

Sie saß würdevoll aufrecht mit damenhaft übereinandergeschlagenen Beinen in einem bequemen beigen Ledersessel, das Négligé scheinbar nachlässig drapiert, so daß es zwar ihre langen Beine mit den muskulösen Schenkeln und den schmalen Fesseln ungehindert seinen bewundernden Blicken darbot, ihren Schoß jedoch beinahe schamvoll verdeckte.

Während er das Tablett auf einem kleinen Tisch neben ihr abstellte, konnte er den Blick kaum von ihren Beinen wenden. Dabei bot sie insgesamt einen überaus atemberaubenden Anblick. Aber sie hatte sich nun mal so plaziert, daß ihm keine andere Wahl blieb.

Er schenkte ihr Tee ein und wunderte sich, daß seine Hand trotz allem nicht zitterte, obwohl sein Herz heftig schlug und er nichts anderes wollte als dieser Frau jeden Wunsch zu erfüllen.

Auf seine Frage, auch mit einigermaßen ruhiger Stimme vorgebracht, wie sie ihren Tee wünsche, antwortete sie mit einem sanften Lächeln: »Nur etwas Zitrone, bitte.«

Sie nahm die Tasse mit dem dampfenden Tee entgegen und berührte dabei wie zufällig seine Hand. Ein elektrisierendes Gefühl durchströmte ihn. Fast hastig bot er ihr den Teller mit den noch ein wenig warmen Marmeladentörtchen an, gespannt, ob sie davon auch begeistert wäre. Sie betrachtete sie interessiert. Jedenfalls dufteten sie gut, und nach dem, was er ihr heute abend kredenzt hatte, würde sich das nicht nur auf den Duft beschränken. Sie nahm eines. Er folgte gebannt mit dem Blick dem Törtchen, wie es zwischen ihren vollen Lippen verschwand. Sie zerkaute es nicht einfach, sie ließ es sich auf der Zunge zergehen. Er sah an ihrer Mimik, daß er ihren Geschmack getroffen hatte. Sie sparte nicht mit Komplimenten. Nahm ein zweites, biß genüßlich hinein, und – da passierte es! Sie sahen sich betreten an. Sie war erstaunter als er und schien erst gar nicht glauben zu wollen, daß das halbe Törtchen – natürlich mit der Marmeladenseite, wie sollte es auch anders sein! – auf ihrer rechten Schuhspitze gelandet war – mitten drauf! Es lag da wie die Puscheln an seinen Pantoffeln, an die er sich längst gewöhnt hatte.

Nachdem sich die Überraschung gelegt hatte, bat sie ihn, das Törtchen doch zu entfernen. Wiewohl als Bitte vorgebracht, war die Aufforderung, der Befehl unüberhörbar. Er war für den Moment versucht, in die Küche zu gehen und einen Lappen zu holen. Doch dann tat er etwas, was ihn erst später überraschte, aber genau das war, was sie von ihm wollte; er kniete sich vor sie, nahm das Törtchen mit dem Mund von ihrem Schuh und leckte die Marmelade vom Leder. So gut hatte ihm noch keines seiner Törtchen geschmeckt. Dabei hatte er schon das eine oder andere gemacht, das noch schmackhafter war als dieses.

Er konnte es aus seiner Position heraus nicht sehen, aber sie strahlte vollste Zufriedenheit aus. Sie hatte sich in ihm nicht enttäuscht. Er hatte seine Probe bestanden. Von jetzt an würde sie ihn erhören.

Er leckte noch über ihren Schuh, als längst keine Marmelade mehr vorhanden war und er das halbe Törtchen bereits zerkaut und hinuntergeschluckt hatte.

»Ich glaube, am Absatz ist noch was«, meinte sie sanft, aber bestimmt.

Es war ihm unmöglich ihr nicht bereitwillig zu folgen. Er war längst in der Stimmung jede ihrer Anweisungen bedingungslos auszuführen. Er umspielte den hohen schlanken Absatz genüßlich mit der Zunge wie eine Zuckerstange, ja wie einen warmen, pulsierenden Phallus.

Sie nahm ein weiteres Marmeladentörtchen und – hoppla, was war sie heute wieder ungeschickt! – es landete auf ihrem Knie.

Sie sagte es ihm. Er sah auf. Ihr Absatz glänzte von seinem Speichel, seine Augen leuchteten. Er hatte den Geschmack von Schuhleder und Marmeladentörtchen im Mund. Nur zu bereitwillig entfernte er auch dieses mit dem Mund und leckte über den zarten Stoff. Sie trank genüßlich einen Schluck Tee und delektierte sich an einem weiteren Törtchen, das diesmal aber gänzlich in ihrem Mund verschwand, während er über ihre Strümpfe leckte und sie mit seinem Speichel naß machte.

Als er das Törtchen von ihrem Knie genascht hatte, hob er erwartungsvoll den Blick. Er wollte mehr. Er lechzte geradezu danach, Törtchen von ihren Strümpfen, ihren Schuhen zu lecken. Sie sahen sich an. Ihre Augen glänzten. Sie schob sich ein weiteres Törtchen zwischen die feuchtglänzenden tiefroten Lippen. Er hoffte inständig, daß auch dieses den Weg auf ihre Beine oder ihre Schuhe finden würde. Doch nichts dergleichen. Sie aß es ›unfallfrei‹. Er war enttäuscht. Sie kaute genüßlich und nahm einen Schluck Tee.

Dann umfaßte sie, für ihn völlig überraschend, seinen Kiefer mit einem festen Griff und zwang ihn, den Mund zu öffnen. Ihre halblangen dunkelrot lackierten Nägel drückten sich in das weiche Fleisch seiner Wangen. Er hatte keine Wahl, wollte er sie nicht zurückstoßen, woran er nicht einen Moment dachte. Bevor er großartig rätseln konnte, was sie vorhatte, beugte sie sich bereits über ihn und ließ den Inhalt ihres Mundes aus vielleicht zwanzig Zentimeter Höhe in seinen laufen. Tee, vermischt mit ihrem Speichel und dem halbzerkauten Marmeladentörtchen.

Ihm blieb keine Wahl, als es zu schlucken, und er schluckte es gerne. Nein, das Marmeladentörtchen schmeckte noch besser als die beiden anderen! Ohne daß es ihm richtig bewußt wurde, stand sein Schwanz jetzt in voller Größe unter der Servierschürze.

Sie ließ sein Gesicht los, spreizte leicht die Beine und rutschte ein wenig nach vorne. Dabei fiel ihr Négligé wie unbeabsichtigt seitlich hinunter und gab ihre wunderschöne nackte Scham frei. Er hatte kaum Gelegenheit dieses sinnliche Kleinod zu betrachten, da landete ein Marmeladentörtchen mitten darauf. Sie brauchte nicht erst zu sagen, daß er es wegnehmen sollte. Er wollte ja auch nichts anderes. Er entfernte das Marmeladentörtchen und während er es genüßlich zerkaute, liebkoste er sie mit Lippen, Zunge und geschickten Fingern. Sie lehnte sich zurück, schloß die Augen, vergrub die Hände zärtlich in seinem dichten Haarschopf.

Ja, wer so gut kochte, der verstand auch noch andere Sinnesfreuden zu bereiten!

Nach einem ersten intensiven Orgasmus stand sie auf und befahl ihm, ihr nach oben zu folgen. Erregt bis zum Überlaufen folgte er ihr bereitwillig.

Im Schlafzimmer küßte sie ihn kurz, dann befahl sie ihm, sich aufs Bett zulegen.

»So wirst du mich am besten genießen können«, sagte sie und streichelte ihn zärtlich, während sie ihn mit Ledermanschetten ans breite Metallbett fesselte.

Er war einverstanden. Er wußte, daß sie nichts tun würde, was ihm schaden könnte.

Nachdem sie sich überzeugt hatte, daß er bequem lag, begann sie, ihn ausgiebig zu liebkosen.

Sie entfernte die Schürze von seinen Brustwarzen, umspielte sie mit der Zunge und – biß hinein.

Stechender Schmerz durchfuhr ihn. Er glaubte, seine Erektion würde ins Nichts zusammenfallen, doch schon im nächsten Moment durchströmte ihn ein überaus lustvoll warmes Gefühl und seine Erregung steigerte sich sogar. Zärtliches Streicheln wechselte mit kurzen Bissen und Kratzen ab. Ihre Nägel hinterließen gerötete Spuren auf seiner Haut. Immer wieder nahm sie seine Kiefer zwischen die Finger und ließ reichlich Speichel in seinen Mund laufen. Es war herrlich so von einer Frau ›malträtiert‹ zu werden!

Weil all zu langes ›Quälen‹ auch in echte Qual umschlagen kann und sie ihn endlich auch gerne in sich spüren wollte, schlug sie die Schürze von seinem prall emporragenden Schwanz und stieg über ihn. Im Wissen, daß sie allein bestimmte, wann er kam, daß ihm gar nichts anderes übrigblieb, als sich von ihr ›durchficken‹ zu lassen, wenn er zu seinem Orgasmus kommen wollte, ritt sie ihn. Sie drückte ihm die Knie in die Seiten und legte sich auf ihn. Er spürte den Stoff ihres Korsetts, ihre Strümpfe, ihr Gewicht auf sich. Immer wieder biß sie ihn leicht in die Schulter und auch in den Hals. Für den Moment dachte er daran, daß sie ihm mit ihren festen Zähnen die Halsschlagader durchbeißen und er nichts dagegen machen könnte, daß sein Blut ihre Laken tränkte und er mit seinem Orgasmus zugleich auch sein Leben aushauchen würde. Statt ihn zu ernüchtern, verstärkte es nur seine Lust, denn tief in seinem Innern wußte er, daß sie es nicht tun würde.

Durch das ausgiebige Vorspiel kam er relativ schnell, wenngleich sie sich Mühe gab, es hinauszuzögern.

Nun, einmal ist keinmal und auf einem Bein kann man(n) nicht stehen, dachte sie und er machte nicht den Eindruck, daß es ihm damit schon genug war. Sie setzte ihr zuvor begonnenes Spiel von Zuckerbrot und Peitsche fort.

Sie setzte sich über sein Gesicht, so daß er gerade noch genug Luft bekam, um während seines Zungenspiels an ihrer Liebesmuschel nicht zu ersticken.

Später, nachdem er ein zweites Mal in ihr und sie selbst mehr als auf ihre Kosten gekommen war, gab sie ihm erschöpft einen Kuß und legte sich glücklich atemholend dicht neben ihm.

Er hatte die Augen geschlossen und dachte an die zurückliegenden Stunden und daß er mit einer Frau schon lange nicht mehr so glücklich gewesen war.

Nachdem sie sich etwas erholt hatte, band sie ihn los. Er nahm sie sofort in die Arme und drückte sie zärtlichfest an sich. Sie erwiderte seine Umarmung mit derselben Intensität.

Draußen dämmerte es bereits. Die Vögel hatten mit ihrem morgendlichen Konzert begonnen.

Sie löste sich sanft aus seiner Umarmung. Sie zog das Négligé aus, schlüpfte in ihren Lederrock und zog ein schwarzes T-Shirt über.

»Deine Sachen müßten jetzt trocken sein«, sagte sie ruhig. »Ich bringe dich zum Bahnhof. Der erste Zug dürfte in einer halben Stunde fahren.«

Natürlich war das ein Hinauswurf, aber ein so sanfter und nach den letzten Stunden sicherlich nicht böse gemeinter. Er fühlte, wie er selbst lieber in seinem eigenen Bett schlafen würde.

Auf der Fahrt zum Bahnhof redeten sie nicht viel. Sie waren beide zu wohlig erschöpft. Sein Blick ruhte auf ihrem Schenkel, auf dem noch deutlich die Spuren der Marmeladentörtchen, die er weggeleckt hatte, zu sehen waren. Kurz bevor sie den Bahnhof erreichten, nahm er seinen ganzen Mut zusammen und legte seine Hand auf ihren Schenkel. Sie ließ ihn dort ruhen.

Dann hielt sie auch schon auf dem Vorplatz des kleinen Bahnhofs. Sie verabschiedete ihn mit einem fast schwesterlichen Kuß. Er nahm sie noch einmal in die Arme. Sie erwiderte seine Umarmung nur kurz, aber mit nicht weniger Intensität. Dann war er auch schon ausgestiegen und sah sie abfahren. Er sah ihr nach, bis sie um die nächste Straßenecke bog.

Es war kühl. Leichter Nebel stieg auf. Er war der einzige. Freiwillig ist sonntags um diese Zeit kaum jemand unterwegs. Er schritt den Bahnsteig entlang. Sein Zug stand bereits auf der Anzeigetafel. Die letzte Nacht erschien ihm schon jetzt wie ein Traum. Er schob die Hände in die Jackentaschen. Dabei erschrak er. Wo war sein Hausschlüssel?

Fahrig und etwas panisch durchsuchte er die Taschen. Schließlich fand er ihn. Er war nur nicht der gewohnten gewesen. Aber dafür hatte er etwas anderes gefunden; einen kleinen gelben Zettel mit einer angenehmen weiblichen Handschrift: »Wenn Du mal wieder Marmeladentörtchen bäckst, rufe mich an.« Darunter stand ihre Telephonnummer! Nach der er sich nicht getraut hatte, zu fragen.

Mit dem zufriedenen Lächeln der Gewißheit, daß die letzte Nacht lediglich ein Auftakt gewesen war, steckte er den Zettel zärtlich in seine Brieftasche und stieg in den Zug, der in diesem Augenblick eingefahren war.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentare werden erst nach erfolgter Prüfung freigeschaltet.