Sonntag, den 9. Oktober 2016 von: Armin A. Alexander
In dieser Rubrik gebe ich Empfehlungen, welche Werke von einem bestimmten Autor und aus welchen Gründen ich als besonders lesenswerte empfinde. Wie nicht anders möglich ist diese Auswahl subjektiv, wie alle Empfehlungen von Texten, die man »unbedingt« gelesen haben sollte, – gerne auch ein wenig hochtrabend als Literatur-Kanon bezeichnet 😉 – selbst die Heranziehung weitgehend objektiver Kriterien ändert daran nur bedingt etwas.
Den Anfang mache ich mit der wohl größten Identifikationsfigur für die deutsche Literaturgeschichte schlechthin – Johann Wolfgang von Goethe (28.8.1749–22.3.1832), vergleichbar in seiner Wirkung mit William Shakespeare (ca. 23.4.1564–23.4.1616) für die englische. Shakespeare ist an dieser Stelle nicht ohne Grund erwähnt, schließlich war Shakespeare für den Dramatiker Goethe ein wichtiger Inspirator, neben dem altgriechischen Drama. Die Gründe hierfür legt er in seinem autobiographischen Werk »Dichtung und Wahrheit« Band 1 und Band 2 (hier ausführlich) dar. Seines Erachtens hatte das deutsche Theater seiner Zeit wenig Innovatives zu bieten, wie man heute sagen würde. Tatsächlich fällt es aus heutiger Sicht auch belesenen Zeitgenossen schwer, deutsche Dramatiker vor der sogenannten Goethe-Zeit aufzuzählen. Auch wenn er sich anfänglich besonders von Shakespeare inspirierte fühlte, so wendete er sich später stärker seinem zweiten Ideal zu, des altgriechischen Dramas. Gut zu sehen beim Faust; während der erste Teil, überwiegend vom Shakespearschen Theater inspiriert ist, sind beim durchaus sperrigen zweiten Teil, sind die Bezüge zur altgriechischen Tragödie unverkennbar und nicht nur, weil über weite Strecken die Themen dort entliehen worden sind. Wenngleich meist nur der erste Teil als Lektüre empfohlen wird, meine ich, daß für das Verständnis des Dramatikers Goethe beide Teile gelesen werden sollten. Auf Grund der besonderen Länge des zweiten Teils wird man kaum Gelegenheit bekommen, diesen ungekürzt auf der Bühne erleben zu können – es würden mehrere durchschnittliche Theaterabende benötigt werden. (mehr …)