Schlagwort-Archiv »Borchert«
Samstag, den 28. März 2009 von: Armin A. Alexander
Eine Frau erwacht von einem Geräusch in der Küche. Es ist halb drei in der Nacht. Ihr Mann liegt nicht neben ihr. Sie steht auf, geht durch die dunkle Wohnung und findet ihn in der Küche. Sie schaltet das Licht ein. Sofort fällt ihr Blick auf den mitten auf dem Tisch stehenden Brotteller. Auf der Tischdecke liegen Krümel, obwohl sie am Abend zuvor saubergemacht hat. Ihr Mann behauptet, er hätte ein Geräusch gehört und sei aufgestanden, um nachzusehen. Die Frau weiß, daß er sie belügt, denn nur er kann etwas vom Brot abgeschnitten haben. Sie weicht seinem Blick aus, da sie nicht ertragen kann, daß er sie nach neununddreißig Jahren Ehe belügt. (mehr …)
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Montag, den 16. März 2009 von: Armin A. Alexander
Abends nach einem Bombenangriff. Ein neunjähriger Junge sitzt vor einem zerstörten Haus. Plötzlich taucht ein Schatten vor ihm auf. Der Junge befürchtet, daß man ihn entdeckt hat und wegbringen will. Doch es ist nur ein alter Mann, der zwischen den Schuttbergen nach Grünfutter für seine Kaninchen sucht. Der alte Mann verwickelt den Jungen in ein Gespräch und erfährt, daß der Junge, der lediglich ein halbes Brot bei sich hat und halb verhungert ist, bereits seit einigen Tagen an diesem Ort Wache hält, da im Keller des zerstörten Hauses sein toter kleiner Bruder läge und er die Ratten vertreiben wolle, damit sie die Leiche seines Bruder nicht anfräßen und seine Eltern noch leben. Darauf erklärt der alte Mann dem Jungen, daß er nachts nicht wachen müsse, denn »[–] hat euer Lehrer euch denn nicht gesagt, daß die Ratten nachts schlafen?[–]« (mehr …)
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Mittwoch, den 4. März 2009 von: Armin A. Alexander
Ein junger Mann wird in eine Einzelzelle mit der Nummer 432 gesperrt. Seine ersten Gedanken drehen sich darum, wie schwer es ist, mit sich selbst allein sein zu müssen. Jeden Morgen müssen die annähernd achtzig Gefangenen im Hof im Kreis um ein kleines armseliges Rasenstück gehen, von einem Dutzend Blauuniformierter bewacht. Die Monotonie, die Einsamkeit in den Zellen, das schlechte und unzureichende Essen lassen aggressiv werden. (mehr …)
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Sonntag, den 1. März 2009 von: Armin A. Alexander
Ein kleiner Junge, zugleich der Erzähler, geht mit seiner jungen Mutter und seinem Onkel an einem heißen Sommersonntagnachmittag in ein Gartenlokal. Der Onkel hat im Ersten Weltkrieg ein Bein verloren und durch eine ebenfalls dort erhaltene Schußverletzung an der Zunge lispelt er. Ansonsten ist der Onkel ein großer breitschultriger lebensfroher Mensch, eine imposante Erscheinung. Einer der Kellner des Gartenlokals ist das genaue Gegenteil; klein, unscheinbar, verschüchtert, mußte in seinem Leben unzählige Demütigungen hinnehmen und erfährt Mißachtung weiterhin Tag für Tag. Doch haben er und der Onkel eines gemeinsam: Das Lispeln. (mehr …)
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Samstag, den 28. Februar 2009 von: Armin A. Alexander
Ein grauer trüber nebliger Novembernachmittag. Fünf Leute, ein alter Mann, eine alte Frau, zwei junge Frauen und ein blasser junger Mann sind die einzigen Fahrgäste in einer Straßenbahn. Jeder sitzt für sich, der Schaffner malt scheinbar geistesabwesend Gesichter auf die beschlagenen Scheiben. Der alte Mann beginnt von Stimmen zu sprechen, die immerzu des Nachts zu hören sind und die ihn nicht schlafen lassen. (mehr …)
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Dienstag, den 24. Februar 2009 von: Armin A. Alexander
Dieser Beitrag ist, nach der kurzen Vorstellung von Wolfgang Borcherts Gesamtwerk – zu lesen hier – der Anfang einer kleiner Reihe in der in loser Folge bekannte und weniger bekannte Texte von Wolfgang Borchert kurz vorgestellt werden.
Wolfgang Borcherts leidenschaftliches und eindrucksvolles Plädoyer gegen den Krieg ist zweigeteilt. Es beginnt mit einer Reihe suggestiver Appelle, die sich zwar zuvorderst an bestimmte Berufs- und Bevölkerungsgruppen richtet, doch dadurch, daß jeder Appell nicht nur auf das Gewissen zielt, sondern jeweils mit den Personalpronomen DU beginnt, gefolgt von einem Punkt, kann der Leser gar nicht anders als sich ebenso persönlich angesprochen fühlen als spräche Borchert ihm mit seinem Namen an. (mehr …)
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Samstag, den 21. Februar 2009 von: Armin A. Alexander
Sicherlich werden sich viele aus dem Schulunterricht – je nach Generation – noch an die Kurzgeschichten »Nachts schlafen die Ratten doch«, »Stimmen sind da – in der Luft – in der Nacht« oder vielleicht auch an das Drama »Draußen vor der Tür« erinnern. Gehören doch die Texte von Wolfgang Borchert bereits seit einigen Jahrzehnten zum Standardkanon der Literatur nach 1945 im Deutschunterricht. Vermutlich werden die meisten sie eher als lästige Pflichtübung angesehen haben, weil es ihnen schwerfiel, sich in die Welt die Autor beschreibt hineinzuversetzen. Für Jugendliche, die in der Geborgenheit eines demokratischen Rechtsstaats aufgewachsen sind, muß die Lebenswirklichkeit mit der Wolfgang Borchert sich auseinanderzusetzen hatte, schier unglaublich erscheinen. (mehr …)
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